Automatische Verlängerung des Maklervertrags

Eine Klausel, dass sich der auf 6 Monate befristete Maklervertrag (Alleinauftrag) um 3 Monate verlängert, wenn er nicht gekündigt wird, ist grundsätzlich wirksam.

Sachverhalt:

Der Verkäufer einer ETW beauftragt den Makler, einen Käufer zu finden.

Alleinauftrag
Es wird ein einfacher Alleinauftrag abgeschlossen, der auf 6 Monate befristet ist. Im Vertrag heißt es weiter, dass er sich um jeweils 3 Monate verlängert, wenn er vorher nicht gekündigt wird. Die Kündigungsfrist von 4 Wochen steht nicht im Vertragstext, sondern in einer von 3 Anlagen zum Vertrag. Im Vertrag wird auf die Anlagen hingewiesen und um ihre Beachtung gebeten.

Weiterer Makler
Der Verkäufer stimmt vor Ablauf der 6 Monate zu, dass ein anderer Makler die Wohnung ebenfalls zum Kauf anbietet. Er kündigt den Vertrag mit dem ersten Makler jedoch nicht. Innerhalb der (ersten) 3 Verlängerungsmonate kaufte der Interessent, den der zweite Makler gefunden hatte, die Wohnung.

Der erste Makler verlangt Schadenersatz, weil der Verkäufer gegen seine Pflichten aus dem Alleinauftrag verstoßen hat.

Entscheidung:

Der BGH weist die Klage ab. Der Makler bekommt kein Geld.

Alleinauftrag durch AGB
Zunächst bestätigt der BGH, dass die Vereinbarung eines Alleinauftrags auch im Rahmen von AGB zulässig, also wirksam ist. Die Pflicht des Verkäufers in einem Alleinauftrag, keinen weiteren Makler zu beauftragen, schränkt die Leitlinien des BGB zum Maklervertrag nicht unangemessen ein. Denn im Gegenzug erhält der Verkäufer mit dem Alleinauftrag – entgegen dem gesetzlichen Leitbild – den Anspruch, dass der Makler auch umfassend tätig wird zur Vermarktung der Immobilie.

Laufzeit 6 Monate
Die Laufzeit von 6 Monaten ist auch nicht zu beanstanden. Der BGH bestätigt, dass ein zeitlich unbegrenzter Alleinauftrag unwirksam ist. Ob die Laufzeit angemessen ist, kann nicht allgemein festgelegt werden, sondern hängt vom Einzelfall ab. Wesentlich ist die Art der Immobilie. Bei einem üblichen „normalen Grundstücksvermittlungsauftrag“ sind 6 Monate angemessen.

Pflichtverstoß
Weil die Parteien wirksam einen Alleinauftrag mit 6 Monaten Laufzeit abgeschlossen haben, hat der Verkäufer gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen, als er den weiteren Makler innerhalb der Laufzeit beauftragte. Trotzdem hat der Makler keinen Schadensersatzanspruch, weil sich der Alleinauftrag nicht um weitere 3 Monate verlängert hat.

Verlängerungsklausel grundsätzlich wirksam
Der BGH argumentiert, dass Verlängerungsklauseln in Alleinaufträgen grundsätzlich wirksam sind. Es kommt aber auch hier auf den Einzelfall an. Wesentlich sind dabei die Gesamtlaufzeit, der Zeitraum der automatischen Verlängerung sowie die Kündigungsfrist. Aus den BGB-Regeln über die Zulässigkeit von Verlängerungsklauseln entnimmt der BGH, dass die (automatische) Verlängerung um die Hälfte der Vertragslaufzeit unproblematisch ist.

Kündigungsfrist 4 Wochen
Die Kündigungsfrist von 4 Wochen beanstandet der BGH  ebenfalls nicht. Im Verhältnis zur Länge der ursprünglichen Laufzeit und zur Dauer der Verlängerung wird der Vertragspartner des Maklers nicht unangemessen benachteiligt, wenn er für die Kündigung des Maklervertrags 4 Wochen einhalten muss.

Maklervertrag nicht verlängert
Trotzdem hat sich der Maklervertrag nicht automatisch um 3 Monate verlängert. Die Kündigungsfrist ist nämlich nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

Einbeziehung der Kündigungsfrist in den Vertrag
Sie stand in einer Anlage zum Maklervertrag. Bei dieser Anlage handelte es sich ebenfalls um AGB. Daher gilt auch hier der Grundsatz, dass AGB nur gelten, wenn sie ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht wurden. Dazu ist die Übergabe der AGB an den Vertragspartner – hier unstreitig erfolgt – und die ausdrückliche Einbeziehung in den Vertrag erforderlich. An der letzten Voraussetzung fehlt es in diesem Fall. Im Maklervertrag wurden die Anlagen als „Informationen für den Verbraucher“ bezeichnet, auf sie wurde lediglich hingewiesen und um Beachtung gebeten. Der bloße Hinweis auf Anlagen reicht grundsätzlich nicht aus für die ausdrückliche Einbeziehung der AGB in den Vertrag. Auch die Bitte um Beachtung der Anlagen, die im Text des Maklervertrags ausgesprochen wird, führt nicht dazu, dass die Regelungen in den Anlagen Vertragsbestandteil werden. Der Makler als Verwender der AGB hätte im Vertrag klar schreiben müssen, dass die Anlagen Vertragsbestandteil sind. Aus einem bloßen Hinweis auf Anlagen mit der Bitte, sie zu beachten, kann der Vertragspartner nicht entnehmen, dass die Anlagen spezielle Regelungen enthalten, die für den Vertrag und insbesondere für seine Beendigung wesentlich sind, zumal sie auch unklar als „Informationen für den Verbraucher“ benannt wurden.

Unwirksamkeit der Verlängerungsklausel
Für den BGH sind die Regelungen über die automatische Verlängerung der Vertragslaufzeit und die 4-wöchige-Kündigungsfrist inhaltlich untrennbar miteinander verbunden. Daher führt die Unwirksamkeit der Regelung über die Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Vereinbarung der Vertragsverlängerung.

Der Maklervertrag endete also nach 6 Monaten. Bis dahin hatte der Makler keine Tätigkeit erbracht, die ursächlich für den Abschluss des tatsächlichen Kaufvertrags gewesen wäre. Trotz der Pflichtverletzung durch den Verkäufer hat der Makler keinen Schaden erlitten, den der Verkäufer ersetzen müsste.

(BGH, Urteil vom 28.05.2020; I ZR 40/19)

 

Praxistipps:

Der BGH gibt in dem Urteil sehr wichtige und gut umsetzbare Hinweise für die Gestaltung von Maklerverträgen in der Praxis.

1.
Ein einfacher Alleinauftrag kann auch durch AGB vereinbart werden.

2.
Ein Alleinauftrag, der ausdrücklich unbefristet erteilt wird, ist unwirksam.

Wenn er keine Angaben zur Laufzeit enthält, endete er nach angemessener Zeit, zum Beispiel nach 6 Monaten.

Wird eine Laufzeit angegeben, hängt ihre Angemessenheit von der Art der Immobilie ab. Bei einem „normalen“ Objekt sind 6 Monate nicht zu lang. Im Einzelfall kann sie bis auf fünf Jahre ausgedehnt werden.

Leider definiert der BGH in seinem Urteil nicht, was er unter einer „normalen“ Immobilie versteht. Es dürfte sich um ein Objekt handeln, das zum Durchschnitt der auf dem Markt angebotenen Immobilien gehört wie zum Beispiel ein Einfamilienhaus der durchschnittlichen Größe und Preisklasse, eine Eigentumswohnung, eine Doppelhaushälfte oder auch ein Doppelhaus.

3.
Bei einem Alleinauftrag ist eine Verlängerungsklausel grundsätzlich wirksam.

4.
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Vertrag sich (jeweils) um die Hälfte der Laufzeit verlängert.

5.
Ein einfacher Alleinauftrag kann grundsätzlich vom Kunden jederzeit gekündigt werden.

Ist eine bestimmte Laufzeit wirksam vereinbart, ist eine Kündigung des Vertrags innerhalb dieser Zeit nicht möglich.

6.
Die Länge der Kündigungsfrist ist angemessen und damit wirksam, wenn sie sich an der Grundlaufzeit und der Dauer der Verlängerung orientiert. 4 Wochen Kündigungsfrist sind bei 6 Wochen Grundlaufzeit und 3 Monaten Verlängerung in Ordnung.

7.
Die Kündigungsfrist sollte im Vertrag direkt stehen. Daher die

Empfehlung:
Am besten sollte die Kündigungsfrist im direkten Zusammenhang mit der Regelung über die Verlängerung des Maklervertrags bei nicht ausgesprochener Kündigung in den Vertrag aufgenommen werden. Wird sie in Anlagen zum Vertrag geregelt, müssen die Anlagen ausdrücklich zum Inhalt des Maklervertrags erklärt werden.

Makler: Wirksamkeit einer Reservierung

Es ist durchaus üblich, dass ein Makler eine Immobilie für einen Kunden reservieren soll. Dabei sind jedoch entscheidende Grundsätze zu beachten.

Sachverhalt:

Der Bauträger legt dem Interessenten eine Reservierungsvereinbarung vor, in der es heißt:

Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber die oben bezeichnete Immobilie bis zum 14.12.2017 reservieren, d.h. er wird in diesem Zeitraum keinen diesbezüglichen Vertrag mit einem Dritten schließen. Sollten bis dahin die erforderlichen Unterlagen gem. § 4 dieses Vertrags sowie der Kaufvertragsentwurf noch nicht vollständig vorliegen, verlängert sich die Frist entsprechend.

Dafür ist eine Reservierungsgebühr von 3.000 EUR vorgesehen. Der Interessent unterzeichnet die Vereinbarung und bezahlt die Gebühr. Nachdem der Bauträger dem potentiellen Erwerber eine Planung mit Kostenaufstellung für den Neubau übergeben hat, kommt es zu Unstimmigkeiten. Der Kunde erklärt, kein Interesse mehr an dem Vertrag mit dem Bauträger zu haben und fordert die 3.000 EUR Reservierungsgebühr zurück.

 

Urteil:

Das Gericht gibt der Klage statt. Der Bauträger muss die Reservierungsgebühr zurückzahlen.

Beurkundung der Reservierungsvereinbarung
Das Gericht ist nämlich der Auffassung, dass die Reservierungsvereinbarung unwirksam ist. Sie hätte notariell beurkundet werden müssen. Nach der allgemeinen Rechtsprechung reicht eine schriftliche Vereinbarung nicht aus, wenn die Reservierungsgebühr so hoch ist, dass damit ein erheblicher Druck auf den Erwerber des Grundstücks ausgeübt wird, den Kaufvertrag abzuschließen. Da der Erwerber die Reservierungsgebühr verliert, wenn er das Grundstück nicht kauft, könnte er sich (auch) deshalb entscheiden, das Grundstück zu kaufen. Die Reservierungsgebühr liegt hier bei ca. 1,1 % des Preises für das Grundstück einschließlich Haus. Das Gericht hält diese Höhe für ausreichend, um den Erwerber unter Druck zu setzen, das Grundstück zu kaufen, um nicht die Reservierungsgebühr zu verlieren.

Verlängerung der Reservierungsfrist
Die Reservierungsvereinbarung ist auch noch aus einem anderen Grund unwirksam. Sie enthält keine Regelung darüber, dass die Reservierungsfrist verlängert wird, wenn Verzögerungen beim Abschluss des Bauträgervertrags auf Umstände zurückzuführen sind, die im Einflussbereich des Bauträgers liegen. Das bedeutet, dass der Bauträger notwendige Informationen, die der Erwerber für seine Entscheidung, den Vertrag abzuschließen benötigt, schlichtweg verzögert. Das würde den Erwerber in Zugzwang bringen. Er müsste ohne diese Informationen den Vertrag abschließen. Sonst würde er riskieren, dass die Reservierungsfrist abläuft und möglicherweise ein anderer Kunde des Bauträgers den Vertrag abschließt. Damit wird der potentielle Erwerber unangemessen benachteiligt. Diese Benachteiligung führt zur Unwirksamkeit der Klausel.

(AG Dortmund, Urteil vom 21. August 2018, 425 C 3166/18)

 

Praxistipp:

Die Entscheidung betrifft zwar einen Bauträger-Vertrag. Sie ist jedoch ohne weiteres auch auf Vereinbarungen über Reservierungsgebühren anzuwenden, die ein Makler mit seinen Kunden abschließt.

Notarielle Beurkundung
Die Reservierungsvereinbarung sollte unbedingt so formuliert sein, dass der Kunde dadurch nicht unangemessen unter Druck gesetzt wird, das Grundstück zu erwerben. In diesem Fall wäre die Vereinbarung notariell zu beurkunden.

Verlängerung der Reservierungsfrist
Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Reservierungsfrist sich auch dann verlängert, wenn Verzögerungen auftreten, die im Einflussbereich des Bauträgers/Maklers liegen.

Außerdem sollte die Verlängerung der Reservierungsfrist nicht nur bei Überschreiten der Frist, sondern schon bei Verzögerungen während der Frist vereinbart werden.

Ab welchem Betrag ist Beurkundung erforderlich?
Für die Beurteilung, ob durch die Reservierungsgebühr unzulässiger Druck auf den Erwerber ausgeübt wird, sind eine absolute und eine prozentuale Obergrenze zu berücksichtigen. Die absolute Obergrenze liegt nach der aktuellen Rechtsprechung bei ca. 5.000,00 EUR. Bei der prozentualen Obergrenze sind sich die Gerichte und Kommentatoren überhaupt nicht einig. Manche sehen alle Beträge ab 0,3 % des Kaufpreises als zu hoch für eine bloße schriftliche Vereinbarung an, andere bewerten Reservierungsgebühren bis 3,0 % noch als unproblematisch.

Sicherste Wege
Die sichersten Varianten sind also, Reservierungsvereinbarungen mit einer Gebühr über 5.000 EUR oder über 0,3 % des Kaufpreises notariell beurkundet werden.

Oder der Makler/Bauträger muss niedrigere Reservierungsgebühren vereinbaren.

Widerrufsbelehrung bei einem (Makler)-Vertrag

Widerrufsbelehrung

Zwei Tage später trafen sie sich mit dem Makler, den sie schon vorher angesprochen hatten, in ihrem Haus. Sie unterschrieben einen vom Makler vorgelegten Alleinauftrag. Außerdem unterzeichneten sie eine Widerrufsbelehrung. Die Belehrung enthielt auch die zusätzlichen Erklärungen der Eigentümer, dass sie den Makler beauftragen, seine Dienstleistung schon vor Ablauf der Widerrufsfrist zu beginnen, und dass ihnen bekannt ist, dass sie das Widerrufsrecht verlieren, wenn die Maklerleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist vollständig erbracht wird.

 

Aushändigung von Kopien

Es ist nicht geklärt, ob und wann die Eigentümer vom Makler Kopien des Vertrags und der Widerrufserklärung nebst den weiteren Erklärungen erhalten haben.

 

Widerruf wirksam?

Nach dem Verkauf der Immobilie stellte der Makler den Verkäufern seine Courtagerechnung. Daraufhin widerriefen die Verkäufer den Maklervertrag. Sie verweigerten deshalb die Zahlung. Der Makler verklagte die Verkäufer. Vor Gericht behaupteten sie, erst durch einen Schriftsatz des Maklers in dem Rechtsstreit Kopien des Maklervertrags und der Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Deshalb sei der Widerruf wirksam, auch wenn er später als 14 Tage nach Abschluss des Maklervertrags erfolgt sei.

 

Urteil:

Das Gericht kommt nach ausführlicher Prüfung zahlreicher rechtlicher Aspekte zu dem Ergebnis, dass der Makler keine Courtage von den Verkäufern verlangen kann.

 

Maklervertrag

Ein Maklervertrag ist wirksam abgeschlossen worden. Die Regelung im Maklervertrag, dass die Verkäufer eine pauschale Entschädigung zu zahlen hätten, wenn sie ohne Mitwirkung des Maklers die Immobilie verkauften, sei zwar unwirksam. Die übrigen Teile des Vertrags wären davon aber nicht betroffen, sondern blieben wirksam.

 

Nachweistätigkeit

Eine Nachweistätigkeit hat der Makler nicht erbracht. Die Eigentümer haben den späteren Erwerber vor Abschluss des Maklervertrags, also ohne Mitwirkung des Maklers, selbst gefunden.

 

Vermittlungstätigkeit

Der Makler hat eine ausreichende Vermittlungstätigkeit ausgeführt. Die Verkäufer haben die Vertragsverhandlungen mit dem späteren Erwerber ausschließlich dem Makler überlassen. Der Makler hat sogar erreicht, dass sie einen höheren Kaufpreis zahlen, als die Verkäufer in ihrer eigenen Annonce, auf die sich der Erwerber gemeldet hatte, angegeben hatten. Der Makler hat also auf den Erwerber eingewirkt und seine Bereitschaft geweckt oder zumindest gefördert, die Immobilie zu kaufen.

 

Verwirkung des Provisionsanspruchs

Die Verwendung unzulässiger Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Maklervertrags (pauschale Entschädigung für Verkauf an selbst akquirierte Interessenten) führt grundsätzlich nicht dazu, dass der Makler den Provisionsanspruch verwirkt.

 

Widerrufsfrist

Die Frist für den Widerruf beträgt 14 Tage. Der Maklervertrag wurde am 29. August geschlossen. Der Widerruf wurde am 7. Dezember erklärt. Die 14-tägige Widerrufsfrist war damit bereits abgelaufen. Allerdings setzt der Beginn der Widerrufsfrist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung voraus. Dazu gehört auch die Aushändigung dieser Belehrung an die Vertragspartner des Maklers, hier also die Verkäufer. Der Makler hat im Rechtsstreit nicht beweisen können, dass er den Verkäufern eine Kopie der Belehrung übergeben hat. Damit musste das Gericht von der verlängerten Widerrufsfrist von 1 Jahr und 14 Tagen ausgehen. Diese Frist war bei Erklärung des Widerrufs am 7. Dezember noch nicht abgelaufen.

 

Erlöschen des Widerrufsrechts

Ein wirksamer Widerruf setzt voraus, dass das Widerrufsrecht nicht erloschen ist. Das Gericht hat hier geprüft, ob § 356 Abs. 4 BGB anzuwenden ist. Er lautet:

Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert. Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss die Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden.

 

Vermittlungsleistung vollständig erbracht

Am 9. September haben die Verkäufer den Makler bevollmächtigt, einen Notar mit dem Entwurf der späteren Beurkundung eines Kaufvertrags über die Immobilie zu beauftragen. Zu diesem Zeitpunkt war die Vermittlungsleistung des Maklers vollständig erbracht.

 

Ausdrückliche Zustimmung

Die Verkäufer haben bei Abschluss des Maklervertrags in einer gesonderten Erklärung ausdrücklich zugestimmt, dass der Makler schon vor Ablauf der Widerrufsfrist tätig werden soll.

 

Bestätigung des Verlustes des Widerrufsrechts

Die Verkäufer sind in der gesonderten Erklärung auch darüber belehrt worden, dass sie ihr Widerrufsrecht verlieren, wenn der Makler den Vertrag vollständig erfüllt. Sie haben diese Belehrung bestätigt.

 

Übermittlung der Zustimmung

Die gesonderte Erklärung der Verkäufer mit ihrer Zustimmung und Bestätigung der Belehrung wurde auf Papier, also auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben. Der Makler hat diese Erklärung an sich genommen. Auch diese Voraussetzung für den Verlust des Widerrufsrechts ist also erfüllt. Es ist nicht erforderlich, dass die Verkäufer eine Kopie ihrer eigenen Erklärung vom Makler erhalten.

 

Aushändigung Widerrufsbelehrung

Das Gericht ist der Auffassung, dass das Widerrufsrecht nur erlöschen kann, wenn der Makler die Verkäufer inhaltlich richtig und vollständig über das Widerrufsrecht belehrt hat. Es argumentiert, dass der Verkäufer seine Kenntnis vom Erlöschen des Widerrufsrechts nur dann wirksam bestätigen kann, wenn ihm dieses Widerrufsrecht und die Voraussetzungen für seine Geltendmachung deutlich mitgeteilt worden sind. Das ist im Regelfall erst dann anzunehmen, wenn er die Möglichkeit hat, sich darüber anhand eines ihm zur Verfügung gestellten „dauerhaften Datenträgers“ zu vergewissern. Denn nur so hat der Verkäufer stets den Inhalt seines Widerrufsrechts „zur Hand“ und kann nachlesen, wie er es erklären muss, wenn er wiederrufen möchte. Das Rücktrittsrecht verliert er ja erst in dem Zeitpunkt, in dem der Makler seine provisionsauslösende Tätigkeit vollständig erbracht hat. Mit seiner Erklärung, auf das Erlöschen des Widerrufsrechts bei vollständiger Erfüllung durch den Makler hingewiesen worden zu sein, erklärt der Verkäufer nicht, dass er keine Informationen über sein Widerrufsrecht benötige.

(OLG Hamm, Urteil vom 12. August 2019,18 U 119/18)

 

Praxistipp:

In dem Fall, über den das Gericht zu entscheiden hatte, ging es zwar um einen Maklervertrag. Der Inhalt der Entscheidung ist jedoch auf sämtliche Verträge, für die das Widerrufsrecht des BGB gilt, anzuwenden. Nicht nur Makler, sondern alle Unternehmer, die mit Verbrauchern Fernabsatzverträge oder Verträge außerhalb ihres Geschäftsraums abschließen, müssen das Urteil unbedingt berücksichtigen.

Wesentlich ist, dass das Gericht eine weitere Voraussetzung für eine inhaltlich und vollständig vollständige Widerrufsbelehrung aufstellt, die so nicht im BGB aufgeführt ist. Es verlangt, wie oben dargestellt, dass der Unternehmer dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Papier, USB-Stick, Festplatte, E-Mail) übergibt bzw. übersendet. Nur dann läuft die 14-tägige Widerrufsfrist. Erhält der Verbraucher keine Kopie der Widerrufsbelehrung, kann er innerhalb der Frist von 1 Jahr und 14 Tagen den Vertrag widerrufen.

 

Muss eine Reservierungsvereinbarung für den Erwerb einer Immobilie notariell beurkundet werden?

Sachverhalt:

Der Bauträger schließt mit dem Interessenten eine schriftliche Reservierung ab. Er verspricht darin, das Objekt bis zu einem bestimmten Datum nicht anderweitig zu verkaufen. Der Interessent zahlt die Reservierungsgebühr von 3.000,00 €. Kurz nach Abschluss der Reservierungsvereinbarung legt der Bauträger seine Planung nebst Kostenübersicht vor. Daraufhin erklärt der Interessent, er habe kein Interesse mehr an dem Projekt und verlangt die Rückzahlung der 3.000,00 €.

Urteil:

Das Gericht verurteilt den Bauträger zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr. Es erkennt, dass die Reservierungsvereinbarung unwirksam ist, weil sie nicht notariell beurkundet wurde. Es ist allgemein anerkannt, dass eine Reservierungsvereinbarung der notariellen Beurkundung dann bedarf, wenn der Kunde durch die Reservierungsgebühr unangemessen unter Druck gesetzt wird. Der Druck ist nach Auffassung des Gerichts unangemessen, wenn die Reservierungsgebühr höher als 0,3 % des Kaufpreises liegt und der Interessent die Gebühr nicht zurückerhält, falls er doch nicht kauft. Der Druck liegt darin, dass der Interessent aus wirtschaftlichen Erwägungen dazu kommen könnte, den Vertrag doch abzuschließen, damit er die (hohe) Reservierungsgebühr nicht verliert. Da die Gebühr hier bei über 1 % des geplanten Kaufpreises lag, übt sie unzulässig hohen Druck auf den Interessenten aus, so dass sie hätte beurkundet werden müssen. Die Vereinbarung ist also wegen des Verstoßes gegen die einzuhaltenden Formvorschriften unwirksam. Der Interessent kann daher die gezahlt Reservierungsgebühr zurückverlangen.

 

Praxistipp:

Die Entscheidung bestätigt die gängige Rechtsauffassung, dass eine Reservierungsvereinbarung notariell zu beurkunden ist, wenn sie unangemessenen Druck auf den Interessenten ausübt. Sie ist insofern beachtlich, als das Gericht die Hürde für die Unangemessenheit relativ niedrig ansetzt. Andere Entscheidungen sehen die Grenze erst bei 3 % des beabsichtigten Kaufpreises.

Das Urteil lässt sich auch übertragen auf Reservierungsvereinbarungen im Rahmen von reinen  Grundstückskaufverträgen. Makler sollten die Rechtsprechung und die Grenzen kennen. Sonst laufen sie Gefahr, dass sie die Reservierungsgebühr zurückzahlen müssen.

 

AG Dortmund, Urteil vom 21.08.2018, AZ: 425 C 3166/18

Haftet der Verkäufer eines Grundstücks für Angaben im Exposé?

Sachverhalt:

Im Exposé eines älteren, aber vor wenigen Jahren sanierten Wohnhauses schreibt der Makler, der Keller sei trocken. Auf die Frage des Interessenten danach wird die Trockenheit bestätigt. Im Kaufvertrag wird der übliche Ausschluss der Gewährleistung vereinbart. Nach dem Kauf stellt der Käufer fest, dass die Kellerwände nicht trocken, sondern dem Baualter des Hauses entsprechend feucht sind. Er verlangt die Rückabwicklung des Kaufvertrags; er möchte also das Haus zurückgeben und Schadenersatz erhalten.

 

Entscheidung:

Der BGH bestätigt den Anspruch des Käufers. Die Beschaffenheit des Hauses ist zwar üblich für Wohnhäuser aus dem Baujahr. Der feuchte Keller ist trotzdem ein Sachmangel des Hauses. Dafür ist es nicht erforderlich, dass die Eigenschaft „trockener Keller“ im notariellen Kaufvertrag steht. Der BGH sieht aber die Angabe im Exposé, der Keller sei trocken als Eigenschaft des Hauses an, die der Käufer erwarten darf. Er darf also davon ausgehen, dass diese Angaben stimmen. Denn der Verkäufer haftet auch für die sogenannten öffentlichen Äußerungen seines Vertreters, nämlich des Maklers. Dessen Exposé ist eine öffentliche Äußerung.

Allerdings würde auch hinsichtlich dieser nicht vorhandenen Eigenschaft „trockener Keller“ der Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag gelten. Hier erkennt der BGH aber, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, als er die Frage des Käufers nach Feuchtigkeit im Keller nicht wahrheitsgemäß beantwortet und noch nicht einmal darauf hingewiesen hat, dass er die Kellerwände frisch gestrichen hat. Wenn der Verkäufer einen wesentlichen Mangel arglistig verschweigt, kann er sich nicht mehr auf den Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag berufen.

(BGH, Urteil vom 19.1.2018; AZ: V ZR 256/16)

 

Praxistipp:

Die BGH-Entscheidung ist deshalb beachtlich, weil sie einmal klarstellt, dass auch Angaben im Makler-Exposé Eigenschaften der Immobilie darstellen können. Wenn sie nicht vorliegen, muss der Verkäufer dafür einstehen im Rahmen seiner Mängelhaftung. Das gilt auch dann, wenn der tatsächliche Zustand gar keinen Mangel darstellen würde. Hier wäre es so gewesen, dass die Feuchtigkeit im Keller durchaus baualterstypisch war und daher nicht vom Üblichen abwich. Sie wäre also gar kein Mangel gewesen.

Zum anderen stellt der BGH klar, dass der vertragliche Gewährleistungsausschluss nicht nur für die im Kaufvertrag aufgeführten Eigenschaften des Hauses gilt, sondern auch für solche Eigenschaften, die außerhalb des Kaufvertrags öffentlich gemacht wurden, z.B. in einem Makler-Exposé. Der Verkäufer sollte also das Exposé seines Maklers auch mit den Augen eines potentiellen Käufers kritisch betrachten, bevor er es zur Verwendung durch den Makler freigibt. Werbeaussagen wie: „Luxusimmobilie“, „auf dem neuesten Stand“, „komplett saniert“ oder „eine ruhige Oase“ können dabei zu Gewährleistungsansprüchen des Käufers führen.