Automatische Verlängerung des Maklervertrags

Eine Klausel, dass sich der auf 6 Monate befristete Maklervertrag (Alleinauftrag) um 3 Monate verlängert, wenn er nicht gekündigt wird, ist grundsätzlich wirksam.

Sachverhalt:

Der Verkäufer einer ETW beauftragt den Makler, einen Käufer zu finden.

Alleinauftrag
Es wird ein einfacher Alleinauftrag abgeschlossen, der auf 6 Monate befristet ist. Im Vertrag heißt es weiter, dass er sich um jeweils 3 Monate verlängert, wenn er vorher nicht gekündigt wird. Die Kündigungsfrist von 4 Wochen steht nicht im Vertragstext, sondern in einer von 3 Anlagen zum Vertrag. Im Vertrag wird auf die Anlagen hingewiesen und um ihre Beachtung gebeten.

Weiterer Makler
Der Verkäufer stimmt vor Ablauf der 6 Monate zu, dass ein anderer Makler die Wohnung ebenfalls zum Kauf anbietet. Er kündigt den Vertrag mit dem ersten Makler jedoch nicht. Innerhalb der (ersten) 3 Verlängerungsmonate kaufte der Interessent, den der zweite Makler gefunden hatte, die Wohnung.

Der erste Makler verlangt Schadenersatz, weil der Verkäufer gegen seine Pflichten aus dem Alleinauftrag verstoßen hat.

Entscheidung:

Der BGH weist die Klage ab. Der Makler bekommt kein Geld.

Alleinauftrag durch AGB
Zunächst bestätigt der BGH, dass die Vereinbarung eines Alleinauftrags auch im Rahmen von AGB zulässig, also wirksam ist. Die Pflicht des Verkäufers in einem Alleinauftrag, keinen weiteren Makler zu beauftragen, schränkt die Leitlinien des BGB zum Maklervertrag nicht unangemessen ein. Denn im Gegenzug erhält der Verkäufer mit dem Alleinauftrag – entgegen dem gesetzlichen Leitbild – den Anspruch, dass der Makler auch umfassend tätig wird zur Vermarktung der Immobilie.

Laufzeit 6 Monate
Die Laufzeit von 6 Monaten ist auch nicht zu beanstanden. Der BGH bestätigt, dass ein zeitlich unbegrenzter Alleinauftrag unwirksam ist. Ob die Laufzeit angemessen ist, kann nicht allgemein festgelegt werden, sondern hängt vom Einzelfall ab. Wesentlich ist die Art der Immobilie. Bei einem üblichen „normalen Grundstücksvermittlungsauftrag“ sind 6 Monate angemessen.

Pflichtverstoß
Weil die Parteien wirksam einen Alleinauftrag mit 6 Monaten Laufzeit abgeschlossen haben, hat der Verkäufer gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen, als er den weiteren Makler innerhalb der Laufzeit beauftragte. Trotzdem hat der Makler keinen Schadensersatzanspruch, weil sich der Alleinauftrag nicht um weitere 3 Monate verlängert hat.

Verlängerungsklausel grundsätzlich wirksam
Der BGH argumentiert, dass Verlängerungsklauseln in Alleinaufträgen grundsätzlich wirksam sind. Es kommt aber auch hier auf den Einzelfall an. Wesentlich sind dabei die Gesamtlaufzeit, der Zeitraum der automatischen Verlängerung sowie die Kündigungsfrist. Aus den BGB-Regeln über die Zulässigkeit von Verlängerungsklauseln entnimmt der BGH, dass die (automatische) Verlängerung um die Hälfte der Vertragslaufzeit unproblematisch ist.

Kündigungsfrist 4 Wochen
Die Kündigungsfrist von 4 Wochen beanstandet der BGH  ebenfalls nicht. Im Verhältnis zur Länge der ursprünglichen Laufzeit und zur Dauer der Verlängerung wird der Vertragspartner des Maklers nicht unangemessen benachteiligt, wenn er für die Kündigung des Maklervertrags 4 Wochen einhalten muss.

Maklervertrag nicht verlängert
Trotzdem hat sich der Maklervertrag nicht automatisch um 3 Monate verlängert. Die Kündigungsfrist ist nämlich nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

Einbeziehung der Kündigungsfrist in den Vertrag
Sie stand in einer Anlage zum Maklervertrag. Bei dieser Anlage handelte es sich ebenfalls um AGB. Daher gilt auch hier der Grundsatz, dass AGB nur gelten, wenn sie ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht wurden. Dazu ist die Übergabe der AGB an den Vertragspartner – hier unstreitig erfolgt – und die ausdrückliche Einbeziehung in den Vertrag erforderlich. An der letzten Voraussetzung fehlt es in diesem Fall. Im Maklervertrag wurden die Anlagen als „Informationen für den Verbraucher“ bezeichnet, auf sie wurde lediglich hingewiesen und um Beachtung gebeten. Der bloße Hinweis auf Anlagen reicht grundsätzlich nicht aus für die ausdrückliche Einbeziehung der AGB in den Vertrag. Auch die Bitte um Beachtung der Anlagen, die im Text des Maklervertrags ausgesprochen wird, führt nicht dazu, dass die Regelungen in den Anlagen Vertragsbestandteil werden. Der Makler als Verwender der AGB hätte im Vertrag klar schreiben müssen, dass die Anlagen Vertragsbestandteil sind. Aus einem bloßen Hinweis auf Anlagen mit der Bitte, sie zu beachten, kann der Vertragspartner nicht entnehmen, dass die Anlagen spezielle Regelungen enthalten, die für den Vertrag und insbesondere für seine Beendigung wesentlich sind, zumal sie auch unklar als „Informationen für den Verbraucher“ benannt wurden.

Unwirksamkeit der Verlängerungsklausel
Für den BGH sind die Regelungen über die automatische Verlängerung der Vertragslaufzeit und die 4-wöchige-Kündigungsfrist inhaltlich untrennbar miteinander verbunden. Daher führt die Unwirksamkeit der Regelung über die Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Vereinbarung der Vertragsverlängerung.

Der Maklervertrag endete also nach 6 Monaten. Bis dahin hatte der Makler keine Tätigkeit erbracht, die ursächlich für den Abschluss des tatsächlichen Kaufvertrags gewesen wäre. Trotz der Pflichtverletzung durch den Verkäufer hat der Makler keinen Schaden erlitten, den der Verkäufer ersetzen müsste.

(BGH, Urteil vom 28.05.2020; I ZR 40/19)

 

Praxistipps:

Der BGH gibt in dem Urteil sehr wichtige und gut umsetzbare Hinweise für die Gestaltung von Maklerverträgen in der Praxis.

1.
Ein einfacher Alleinauftrag kann auch durch AGB vereinbart werden.

2.
Ein Alleinauftrag, der ausdrücklich unbefristet erteilt wird, ist unwirksam.

Wenn er keine Angaben zur Laufzeit enthält, endete er nach angemessener Zeit, zum Beispiel nach 6 Monaten.

Wird eine Laufzeit angegeben, hängt ihre Angemessenheit von der Art der Immobilie ab. Bei einem „normalen“ Objekt sind 6 Monate nicht zu lang. Im Einzelfall kann sie bis auf fünf Jahre ausgedehnt werden.

Leider definiert der BGH in seinem Urteil nicht, was er unter einer „normalen“ Immobilie versteht. Es dürfte sich um ein Objekt handeln, das zum Durchschnitt der auf dem Markt angebotenen Immobilien gehört wie zum Beispiel ein Einfamilienhaus der durchschnittlichen Größe und Preisklasse, eine Eigentumswohnung, eine Doppelhaushälfte oder auch ein Doppelhaus.

3.
Bei einem Alleinauftrag ist eine Verlängerungsklausel grundsätzlich wirksam.

4.
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Vertrag sich (jeweils) um die Hälfte der Laufzeit verlängert.

5.
Ein einfacher Alleinauftrag kann grundsätzlich vom Kunden jederzeit gekündigt werden.

Ist eine bestimmte Laufzeit wirksam vereinbart, ist eine Kündigung des Vertrags innerhalb dieser Zeit nicht möglich.

6.
Die Länge der Kündigungsfrist ist angemessen und damit wirksam, wenn sie sich an der Grundlaufzeit und der Dauer der Verlängerung orientiert. 4 Wochen Kündigungsfrist sind bei 6 Wochen Grundlaufzeit und 3 Monaten Verlängerung in Ordnung.

7.
Die Kündigungsfrist sollte im Vertrag direkt stehen. Daher die

Empfehlung:
Am besten sollte die Kündigungsfrist im direkten Zusammenhang mit der Regelung über die Verlängerung des Maklervertrags bei nicht ausgesprochener Kündigung in den Vertrag aufgenommen werden. Wird sie in Anlagen zum Vertrag geregelt, müssen die Anlagen ausdrücklich zum Inhalt des Maklervertrags erklärt werden.

Verwalter verkündet Beschluss über bauliche Veränderung,…

… der mit einfacher Mehrheit gefasst wurde: Schadenersatz der Eigentümergemeinschaft wegen Pflichtverletzung des Verwalters?

Sachverhalt:
In einer Eigentümerversammlung hat die einfache Mehrheit der Eigentümer eine massive bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums durch einen Eigentümer genehmigt. Ein Eigentümer, der dagegen gestimmt hat, erhebt die Anfechtungsklage. Dieser Rechtsstreit endet in der Berufung durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung. Anschließend verlangen die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits, dass der Verwalter diejenigen Kosten erstattet, die ihnen im Anfechtungsverfahren entstanden sind. Sie meinen, der Verwalter hätte den Beschluss nicht verkünden dürfen, da er nur mit einfacher Mehrheit gefasst worden ist.

Entscheidung:
Vorab zur Klarstellung, die zum Verständnis der Entscheidung beitragen kann:

Der BGH, dessen Urteil hier dargestellt wird, hatte also nicht darüber zu entscheiden, mit welcher Mehrheit ein Beschluss über eine bauliche Veränderung gefasst werden muss. Vielmehr ging es darum, ob der Verwalter die Verfahrenskosten, die den beklagten Eigentümern im Anfechtungsverfahren entstanden sind, als Schadenersatz ausgleichen muss.

Voraussetzungen für Beschluss über bauliche Veränderungen
In § 22 Abs. 1 WEG ist geregelt, dass bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums beschlossen werden können, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte über das normale Maß hinaus (§ 14 Nr. 1 WEG) beeinträchtigt werden.

Einfache Mehrheit
Das WEG verlangt für diesen Beschluss keine spezielle Mehrheit. Daher ist er mit der üblichen einfachen Mehrheit zu fassen (§ 21 Abs. 3 WEG). Dabei dürfen auch die nicht beeinträchtigten Wohnungseigentümer mitstimmen.

Zustimmung der beeinträchtigten Eigentümer
Außer dieser einfachen Mehrheit ist für einen Beschluss über eine bauliche Veränderung in § 22 Abs. 1 WEG festgelegt, dass diejenigen Wohnungseigentümer zustimmen müssen, die durch die bauliche Veränderung über das normale Maß hinaus beeinträchtigt werden. Wenn nicht alle beeinträchtigten Eigentümer der baulichen Veränderung zustimmen, ist ein trotzdem verkündeter Beschluss (nur) rechtswidrig. Wird er nicht angefochten, bleibt er nach Ablauf der Anfechtungsfrist vollständig wirksam. Er ist also nicht nichtig, sondern muss aktiv durch eine gerichtliche Klage beseitigt werden.

Pflichtverstoß des Verwalters
Mindestens ein Eigentümer, der über das normale Maß hinaus beeinträchtigt wäre, hat hier der baulichen Veränderung nicht zugestimmt. Daher war der Beschluss rechtswidrig. Der Verwalter hat ihn trotzdem verkündet. Der BGH, der über den Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter zu entscheiden hatte, musste daher prüfen, ob dem Verwalter im Zusammenhang mit der Abstimmung über die bauliche Veränderung ein Pflichtverstoß vorzuwerfen ist. Sollte das der Fall sein, wäre er zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

Zustimmung gemäß § 22 Abs. 1 WEG
Der BGH entscheidet die bisher strittige Rechtsfrage, was unter der „Zustimmung“ in § 22 Abs. 1 WEG zu verstehen ist. Er ordnet das Zustimmungserfordernis nicht als formale Voraussetzung für die Beschlussfassung ein. Nach seiner Auffassung ist die Zustimmung aller über das normale Maß hinaus beeinträchtigten Wohnungseigentümer nicht Voraussetzung, dass eine Beschlussfassung überhaupt erst erfolgen kann. Vielmehr handelt es sich um eine „besondere Vorgabe für die ordnungsgemäße Verwaltung“. Ob ein Beschluss den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist also nicht Voraussetzung für die Beschlussfassung selbst; die Beschlussfassung kann daher auch erfolgen, wenn nicht alle Zustimmungen vorliegen, die gemäß § 22 Abs. 1 WEG erforderlich sind. Vielmehr wird diese Frage erst in einem eventuellen Anfechtungsverfahren nach Beschlussfassung geklärt. Wenn der Beschluss nicht die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung einhält, wird er vom Gericht für ungültig erklärt. Nach dem BGH muss bzw. darf der Verwalter also die in § 22 Abs. 1 WEG festgelegte Zustimmung aller Eigentümer, die über das normale Maß hinaus beeinträchtigt sind, bei der Auszählung der Stimmen gar nicht berücksichtigen. Vielmehr muss der Verwalter, wie der BGH ausdrücklich feststellt, den Beschluss über die bauliche Veränderung verkünden, wenn eine einfache Mehrheit der Eigentümer dem Antrag zugestimmt hat.

Das bedeutet, dass der Verwalter im vorliegenden Fall nicht pflichtwidrig gehandelt hat, als er das Zustandekommen des Beschlusses mit einfacher Mehrheit in der Versammlung festgestellt hat.

Hinweispflichten des Verwalters
Der BGH erlegt dem Verwalter in diesem Zusammenhang jedoch umfangreiche Pflichten auf. Hinsichtlich einer baulichen Veränderung muss er die Eigentümer darüber aufklären, welche Eigentümer ihre Zustimmung erteilen müssen, weil sie über das normale Maß hinaus beeinträchtigt sind. Er muss sie anschließend darauf hinweisen, dass ein Anfechtungsrisiko besteht, wenn sie mit einfacher Mehrheit die bauliche Veränderung genehmigen, ohne dass alle beeinträchtigten Eigentümer zugestimmt haben. Die Eigentümer tragen die Verantwortung für den Inhalt der Beschlüsse und dürfen deshalb selbstverständlich bei der Beschlussfassung auch das Risiko einer Anfechtung eingehen. Dazu muss ihnen das Risiko aber vollständig und klar bekannt sein. Die Darstellung dieses Anfechtungsrisikos ist Aufgabe des Verwalters.

Wenn der Verwalter diese Aufklärung schuldhaft nicht gibt, verstößt er gegen elementare Pflichten aus dem Verwaltervertrag. Deshalb ist er in diesem Fall zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einzelnen Eigentümern durch seine pflichtwidrige Handlung entstanden ist.

Offensichtlich falsche Hinweise des Verwalters
Der BGH weist aber auch ganz deutlich darauf hin, dass der Verwalter nur verpflichtet ist, die Zustimmungserfordernis im Rahmen einer baulichen Veränderung sehr sorgfältig zu prüfen. Wenn er nach dieser Prüfung zu einem Ergebnis kommt, dass nicht klar, eindeutig und leicht erkennbar falsch ist, trifft ihn kein Verschulden. Damit muss er auch keinen Schadenersatz leisten.

Im vorliegenden Fall geht der BGH nach den Feststellungen der vorherigen Instanzen davon aus, dass der Verwalter die Eigentümer vor der Abstimmung umfangreich über die Rechtslage, die Zustimmungsnotwendigkeiten und die Anfechtungsrisiken hingewiesen hat. Daher wird die Klage gegen den Verwalter auf Schadenersatz abgewiesen.

(BGH, Urteil vom 29.05.2020; AZ: V ZR 141/19)

 

Praxistipps:

1.
Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass die Frage, welcher Eigentümer durch eine bauliche Veränderung über das normale Maß hinaus beeinträchtigt wird, oft schwierig zu beantworten ist. Der Verwalter bleibt dennoch verpflichtet, die rechtliche Problematik umfassend und intensiv zu prüfen und den Eigentümern in der Versammlung die notwendigen Hinweise zu geben, auch wenn sie rechtliche Ausführungen erfordern und enthalten. Diese Leistung gehört zum „Kerngeschäft eines Berufsverwalters.“

Jedem Verwalter ist also auch aus diesem Gesichtspunkt dringend zu raten, sich fortzubilden, um immer auf dem aktuellen Stand der rechtlichen Entwicklung zu bleiben.

2.
In dem Urteil gibt der BGH noch einen Vorschlag, wie der Verwalter in der Versammlung mit dem Zustimmungserfordernis der betroffenen Eigentümer umgehen kann. Er entwickelt dazu ein zweistufiges oder ein einstufiges Vorgehen.

Bei dem zweistufigen Vorgehen fragt der Verwalter vor der Abstimmung über die bauliche Veränderung ab, welche der anwesenden Eigentümer die nach § 22 Abs. 1 WEG erforderliche Zustimmung erteilen. Wenn nicht alle Zustimmungen, die benötigt werden, vorliegen, könnte er die Abstimmung absagen.

Das einstufige Vorgehen bedeutet, der Verwalter lässt nur über den Beschluss abstimmen. Wenn er anschließend der Meinung ist, den Beschluss trotz der erforderlichen einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen nicht verkünden zu können, weil nach seiner Auffassung die Zustimmung betroffener Eigentümer fehlt, darf er nicht feststellen, dass der Beschluss nicht zustande gekommen ist. Vielmehr kann er per Geschäftsordnungsbeschluss eine Weisung der Wohnungseigentümer einholen, den Beschluss aufgrund der abgegebenen einfachen Mehrheit der Stimmen zu verkünden. Die Wohnungseigentümer müssen dann für sich entscheiden, ob sie das klare Anfechtungsrisiko wegen des Fehlens einer oder mehrerer Zustimmungen tragen wollen. Wenn nicht, sollten die Eigentümer den Verwalter anweisen, den Beschluss nicht zu verkünden. Der Verwalter muss die eingeholte Anweisung umsetzen.

Auch mit diesem Vorgehen vermeidet der Verwalter Schadensersatzansprüche, vorausgesetzt, dass er die Eigentümer ordnungsgemäß, klar und umfassend über die Rechtslage und die Anfechtungsrisiken aufgeklärt hat.

Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums: Pflichten des WEG-Verwalters

Der BGH konkretisiert die Pflichten des WEG-Verwalters bei Maßnahmen der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums.

Sachverhalt:

Ein Bauträger saniert 2006 ein Mehrfamilienhaus und verkauft die neugebildeten Eigentumswohnungen. Verwalter der WEG wurde der Geschäftsführer der Bauträgerin. Vor Ablauf der Gewährleistung beauftragt die Gemeinschaft einen Sachverständigen. Dieser stellt Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 fest und empfiehlt dringend weitere Untersuchungen zur Feststellung der Ursachen. Ungefähr ein Jahr später teilt die Bauträgerin dem Verwalter mit, die Mängel seien durch das Aufbringen eines neuen Putzes behoben worden. In der Wohnung Nr. 1 tritt weiterhin Feuchtigkeit auf. Der Eigentümer der Wohnung beauftragt selbst einen Sachverständigen. Der stellt die Unbewohnbarkeit der Wohnung fest. Daraufhin wird der Verwalter abberufen.

Der Eigentümer der Wohnung Nr. 1 verklagt den ehemaligen Verwalter auf Schadenersatz wegen der Schäden an seinem Eigentum durch die Feuchtigkeit und wegen der Kosten für eine Ersatzwohnung. Außerdem verlangt er die Erstattung der Kosten für den Sachverständigen.

 

Urteil:

Erst der BGH spricht dem Eigentümer grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter zu. Der Verwalter hat gegen seine Pflichten verstoßen.

 

Erforschung der Schadensursache

Nach dem Gutachten des ersten Sachverständigen, das der Verwalter aufgrund eines Beschlusses der Gemeinschaft noch vor Ablauf der Gewährleistungsfrist eingeholt hat, hätte der Verwalter darauf hinwirken müssen, dass die Eigentümergemeinschaft einen weiteren Beschluss fasst. Der Beschluss hätte den Verwalter anweisen müssen, die empfohlenen weiteren Untersuchungen durchführen zu lassen.

 

Unterrichtung und Aufklärung

Der BGH verweist auf § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG. Darin ist geregelt, dass der Verwalter die „für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen“ hat. Er verweist auch auf § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG. Diese Vorschriften geben den Wohnungseigentümern die vorrangige Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz für die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums. Daher darf oder muss der Verwalter bei einer Instandhaltungsmaßnahme, die weder dringlich noch eine laufende Maßnahme ist, ohne einen entsprechenden Beschluss der Eigentümer die Maßnahme nicht ergreifen. Er muss aber die Eigentümer umfassend unterrichten und aufklären. Nur dann sind sie in der Lage, einen sachgerechten Beschluss zu fassen, wie sie mit ihrem Eigentum weiter umgehen wollen.

 

Handlungsoptionen

Zu der notwendigen umfassenden Unterrichtung und Aufklärung gehört auch, dass der Verwalter verschiedene Handlungsoptionen darstellt und erläutert. Denn er muss davon ausgehen, dass die Eigentümer nicht über das notwendige technische, bauliche und rechtliche Fachwissen verfügen.

 

Gewährleistungsansprüche

In diesem Zusammenhang muss der Verwalter die Eigentümer auch darauf hinweisen, dass noch Gewährleistungsansprüche gegen ausführende Unternehmen (Bauträger, Handwerker etc.) bestehen. Er muss unbedingt auch darauf hinweisen, falls die Verjährung dieser Ansprüche droht.

Diese Pflicht trifft auch den Verwalter, der mit dem Bauträger eng verbunden war oder noch ist. Der BGH erklärt ausdrücklich, dass der Verwalter seinen Interessenkonflikt, der sich aus seiner Verbindung mit dem Bauträger ergibt, nicht einseitig zulasten der Eigentümergemeinschaft auflösen darf. Auch in diesem Fall muss er die Eigentümer „objektiv nach bestem Wissen und Gewissen“ über die Mängel und eventuelle Gewährleistungsansprüche informieren.

 

Überprüfung der Mängelbeseitigung

Der BGH sieht eine weitere gravierende Pflichtverletzung des Verwalters darin, dass er die Mitteilung des Bauträgers, die Mängel seien beseitigt, unkontrolliert entgegengenommen hat. In diesem Zusammenhang treffen ihn umfangreiche Pflichten. So muss er prüfen, ob die Angabe der Bauträgerin tatsächlich stimmte, die Mängel seien vollständig beseitigt worden. Der BGH formuliert dazu in seinem Urteil wörtlich:

Teilt der Bauträger mit, einen Mangel beseitigt zu haben, darf sich der Verwalter nicht in jedem Fall darauf beschränken, diese Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen und an die Wohnungseigentümer weiterzuleiten. Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Bauträgers nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken.

 

Aufgaben des Verwalters

Der BGH sieht den Verwalter in dem konkreten Fall verpflichtet zu kontrollieren, ob die Bauträgerin den Mangel am Gemeinschaftseigentum, wie von ihm behauptet, tatsächlich beseitigt hat. Der Verwalter durfte der Angabe der Bauträgerin, Ursache der Feuchtigkeitsschäden sei ein falscher Putz gewesen, nicht vertrauen. Er wusste, dass der Sachverständige in dem Gutachten, das er selbst vor Ablauf der Gewährleistungszeit auf Beschluss der Eigentümergemeinschaft eingeholt hat, dringend weiterführende Untersuchungen hinsichtlich der Feuchtigkeitsschäden empfohlen hatte. Der Verwalter musste daraus entnehmen, dass möglicherweise tiefergehende Ursachen für die Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 verantwortlich sind. Auch wenn die Fachfirma, die die Bauträgerin mit der Mängelbeseitigung angeblich beauftragt hatte, einen falschen Putz als Ursache der Feuchtigkeit angegeben haben sollte, durfte der Verwalter darauf nicht vertrauen. Denn ihm fehlte eine eindeutige Mitteilung der Bauträgerin, dass sie oder das von ihr beauftragte Fachunternehmen die notwendigen tiefergehenden Untersuchungen durchgeführt hatten.

In dieser Situation hätte der Verwalter die Eigentümer jedenfalls darüber informieren müssen, dass er keine Kenntnis darüber hat, ob die vom Sachverständigen als dringend angesehenen weiteren Untersuchungen zur Ursache der Feuchtigkeitseintritt durchgeführt worden sind. Der Verwalter hätte zu einer Eigentümerversammlung einladen müssen, um die notwendigen weiteren Beschlüsse zu fassen. In der Versammlung hätte er den Eigentümern unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens verschiedene Handlungsoptionen erklären müssen.

 

Kenntnis der Eigentümer

Nach der Auffassung des BGH darf der Verwalter seine Pflichten nicht vernachlässigen, weil er meint, die Eigentümer seien über den Stand der Dinge informiert und könnten und müssten deshalb selbst weitere Maßnahmen treffen. Entscheidend ist für den BGH nicht die (potentielle) Kenntnis der Wohnungseigentümer von den Tatsachen, aus denen sich die Anhaltspunkte für das Fortbestehen des Mangels ergaben. Denn es ist nicht Aufgabe der einzelnen Wohnungseigentümer, sondern Aufgabe des Verwalters zu überprüfen, ob sämtliche in einem Gutachten festgestellten Mängel durch die Bauträgerin ihre Ankündigung entsprechend beseitigt wurden. Die Wohnungseigentümer dürfen sich generell – und durften sich auch hier – darauf verlassen, dass der Verwalter diese Überprüfung vornimmt, sie auf Anhaltspunkte für ein mögliches Fortbestehen eines Mangels hinweist und die Handlungsoptionen für das weitere Vorgehen aufzeigt.

(BGH, Urteil vom 19.07.2019, V ZR 75/18)

 

Praxistipps:

Pflichten des Verwalters
Der BGH entwickelt in seinem Urteil folgerichtig die umfangreichen Pflichten des WEG-Verwalters im Rahmen einer Instandsetzungsmaßnahme des Gemeinschaftseigentums. Daraus lassen sich folgende Einzelschritte ableiten:

— Der Verwalter muss dafür sorgen, dass die Eigentümer die notwendigen Beschlüsse über Maßnahmen zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums treffen. Diese Beschlüsse muss der Verwalter anschließend umsetzen.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter deshalb die Eigentümer über Schäden oder Mängel des Gemeinschaftseigentums informieren.

— Zu den notwendigen Informationen, die der Verwalter den Eigentümern vor einer Beschlussfassung geben muss, gehören auch Hinweise auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen wie zum Beispiel die Energieeinsparverordnung.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter Erläuterungen über die zu beachtenden Regeln des WEG geben. Dazu gehören die Angaben zu den notwendigen Beschlussmehrheiten, zur Finanzierung der Maßnahme sowie zur Art und Weise der Verteilung der Kosten auf die Eigentümer (Umlageschlüssel).

— Bei klar erkennbaren Mängeln muss der Verwalter mindestens drei inhaltlich vergleichbare Angebote vorlegen.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter die regelmäßig gegebenen unterschiedlichen Handlungsoptionen darstellen.

— Der Verwalter muss die Durchführung der beschlossenen Instandhaltungsmaßnahme überwachen. Dabei muss er prüfen, ob die vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht sind. Er muss prüfen, ob die Rechnungen, die das ausführende Unternehmen stellt, gerechtfertigt sind. Dabei muss er erkennbare Mängel berücksichtigen.

— Wenn der Verwalter feststellt, dass beauftragte Arbeiten nicht erledigt sind, muss er veranlassen, dass sie vollständig erbracht werden.

 

Unwirksame AGB
In dem Rechtsstreit berief sich der Verwalter auch auf die Klausel in seinem Vertrag mit der Eigentümergemeinschaft, nach der Schadensersatzansprüche der Eigentümer gegen ihn nur innerhalb von zwei Jahren ab Entstehung der Ansprüche geltend gemacht werden könnten. Diese Frist sei schon vor Erhebung der Klage abgelaufen. Nach Auffassung des BGH ist diese Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Sie führe nämlich dazu, dass die Haftung das Verwalters auch für Verletzungen des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder für grob fahrlässig begangene Pflichtverletzungen erleichtert wird. Derartige Haftungserleichterungen sind gemäß §§ 309 Nr. 7 a und b, 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Makler: Wirksamkeit einer Reservierung

Es ist durchaus üblich, dass ein Makler eine Immobilie für einen Kunden reservieren soll. Dabei sind jedoch entscheidende Grundsätze zu beachten.

Sachverhalt:

Der Bauträger legt dem Interessenten eine Reservierungsvereinbarung vor, in der es heißt:

Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber die oben bezeichnete Immobilie bis zum 14.12.2017 reservieren, d.h. er wird in diesem Zeitraum keinen diesbezüglichen Vertrag mit einem Dritten schließen. Sollten bis dahin die erforderlichen Unterlagen gem. § 4 dieses Vertrags sowie der Kaufvertragsentwurf noch nicht vollständig vorliegen, verlängert sich die Frist entsprechend.

Dafür ist eine Reservierungsgebühr von 3.000 EUR vorgesehen. Der Interessent unterzeichnet die Vereinbarung und bezahlt die Gebühr. Nachdem der Bauträger dem potentiellen Erwerber eine Planung mit Kostenaufstellung für den Neubau übergeben hat, kommt es zu Unstimmigkeiten. Der Kunde erklärt, kein Interesse mehr an dem Vertrag mit dem Bauträger zu haben und fordert die 3.000 EUR Reservierungsgebühr zurück.

 

Urteil:

Das Gericht gibt der Klage statt. Der Bauträger muss die Reservierungsgebühr zurückzahlen.

Beurkundung der Reservierungsvereinbarung
Das Gericht ist nämlich der Auffassung, dass die Reservierungsvereinbarung unwirksam ist. Sie hätte notariell beurkundet werden müssen. Nach der allgemeinen Rechtsprechung reicht eine schriftliche Vereinbarung nicht aus, wenn die Reservierungsgebühr so hoch ist, dass damit ein erheblicher Druck auf den Erwerber des Grundstücks ausgeübt wird, den Kaufvertrag abzuschließen. Da der Erwerber die Reservierungsgebühr verliert, wenn er das Grundstück nicht kauft, könnte er sich (auch) deshalb entscheiden, das Grundstück zu kaufen. Die Reservierungsgebühr liegt hier bei ca. 1,1 % des Preises für das Grundstück einschließlich Haus. Das Gericht hält diese Höhe für ausreichend, um den Erwerber unter Druck zu setzen, das Grundstück zu kaufen, um nicht die Reservierungsgebühr zu verlieren.

Verlängerung der Reservierungsfrist
Die Reservierungsvereinbarung ist auch noch aus einem anderen Grund unwirksam. Sie enthält keine Regelung darüber, dass die Reservierungsfrist verlängert wird, wenn Verzögerungen beim Abschluss des Bauträgervertrags auf Umstände zurückzuführen sind, die im Einflussbereich des Bauträgers liegen. Das bedeutet, dass der Bauträger notwendige Informationen, die der Erwerber für seine Entscheidung, den Vertrag abzuschließen benötigt, schlichtweg verzögert. Das würde den Erwerber in Zugzwang bringen. Er müsste ohne diese Informationen den Vertrag abschließen. Sonst würde er riskieren, dass die Reservierungsfrist abläuft und möglicherweise ein anderer Kunde des Bauträgers den Vertrag abschließt. Damit wird der potentielle Erwerber unangemessen benachteiligt. Diese Benachteiligung führt zur Unwirksamkeit der Klausel.

(AG Dortmund, Urteil vom 21. August 2018, 425 C 3166/18)

 

Praxistipp:

Die Entscheidung betrifft zwar einen Bauträger-Vertrag. Sie ist jedoch ohne weiteres auch auf Vereinbarungen über Reservierungsgebühren anzuwenden, die ein Makler mit seinen Kunden abschließt.

Notarielle Beurkundung
Die Reservierungsvereinbarung sollte unbedingt so formuliert sein, dass der Kunde dadurch nicht unangemessen unter Druck gesetzt wird, das Grundstück zu erwerben. In diesem Fall wäre die Vereinbarung notariell zu beurkunden.

Verlängerung der Reservierungsfrist
Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Reservierungsfrist sich auch dann verlängert, wenn Verzögerungen auftreten, die im Einflussbereich des Bauträgers/Maklers liegen.

Außerdem sollte die Verlängerung der Reservierungsfrist nicht nur bei Überschreiten der Frist, sondern schon bei Verzögerungen während der Frist vereinbart werden.

Ab welchem Betrag ist Beurkundung erforderlich?
Für die Beurteilung, ob durch die Reservierungsgebühr unzulässiger Druck auf den Erwerber ausgeübt wird, sind eine absolute und eine prozentuale Obergrenze zu berücksichtigen. Die absolute Obergrenze liegt nach der aktuellen Rechtsprechung bei ca. 5.000,00 EUR. Bei der prozentualen Obergrenze sind sich die Gerichte und Kommentatoren überhaupt nicht einig. Manche sehen alle Beträge ab 0,3 % des Kaufpreises als zu hoch für eine bloße schriftliche Vereinbarung an, andere bewerten Reservierungsgebühren bis 3,0 % noch als unproblematisch.

Sicherste Wege
Die sichersten Varianten sind also, Reservierungsvereinbarungen mit einer Gebühr über 5.000 EUR oder über 0,3 % des Kaufpreises notariell beurkundet werden.

Oder der Makler/Bauträger muss niedrigere Reservierungsgebühren vereinbaren.

Widerrufsbelehrung bei einem (Makler)-Vertrag

Widerrufsbelehrung

Zwei Tage später trafen sie sich mit dem Makler, den sie schon vorher angesprochen hatten, in ihrem Haus. Sie unterschrieben einen vom Makler vorgelegten Alleinauftrag. Außerdem unterzeichneten sie eine Widerrufsbelehrung. Die Belehrung enthielt auch die zusätzlichen Erklärungen der Eigentümer, dass sie den Makler beauftragen, seine Dienstleistung schon vor Ablauf der Widerrufsfrist zu beginnen, und dass ihnen bekannt ist, dass sie das Widerrufsrecht verlieren, wenn die Maklerleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist vollständig erbracht wird.

 

Aushändigung von Kopien

Es ist nicht geklärt, ob und wann die Eigentümer vom Makler Kopien des Vertrags und der Widerrufserklärung nebst den weiteren Erklärungen erhalten haben.

 

Widerruf wirksam?

Nach dem Verkauf der Immobilie stellte der Makler den Verkäufern seine Courtagerechnung. Daraufhin widerriefen die Verkäufer den Maklervertrag. Sie verweigerten deshalb die Zahlung. Der Makler verklagte die Verkäufer. Vor Gericht behaupteten sie, erst durch einen Schriftsatz des Maklers in dem Rechtsstreit Kopien des Maklervertrags und der Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Deshalb sei der Widerruf wirksam, auch wenn er später als 14 Tage nach Abschluss des Maklervertrags erfolgt sei.

 

Urteil:

Das Gericht kommt nach ausführlicher Prüfung zahlreicher rechtlicher Aspekte zu dem Ergebnis, dass der Makler keine Courtage von den Verkäufern verlangen kann.

 

Maklervertrag

Ein Maklervertrag ist wirksam abgeschlossen worden. Die Regelung im Maklervertrag, dass die Verkäufer eine pauschale Entschädigung zu zahlen hätten, wenn sie ohne Mitwirkung des Maklers die Immobilie verkauften, sei zwar unwirksam. Die übrigen Teile des Vertrags wären davon aber nicht betroffen, sondern blieben wirksam.

 

Nachweistätigkeit

Eine Nachweistätigkeit hat der Makler nicht erbracht. Die Eigentümer haben den späteren Erwerber vor Abschluss des Maklervertrags, also ohne Mitwirkung des Maklers, selbst gefunden.

 

Vermittlungstätigkeit

Der Makler hat eine ausreichende Vermittlungstätigkeit ausgeführt. Die Verkäufer haben die Vertragsverhandlungen mit dem späteren Erwerber ausschließlich dem Makler überlassen. Der Makler hat sogar erreicht, dass sie einen höheren Kaufpreis zahlen, als die Verkäufer in ihrer eigenen Annonce, auf die sich der Erwerber gemeldet hatte, angegeben hatten. Der Makler hat also auf den Erwerber eingewirkt und seine Bereitschaft geweckt oder zumindest gefördert, die Immobilie zu kaufen.

 

Verwirkung des Provisionsanspruchs

Die Verwendung unzulässiger Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Maklervertrags (pauschale Entschädigung für Verkauf an selbst akquirierte Interessenten) führt grundsätzlich nicht dazu, dass der Makler den Provisionsanspruch verwirkt.

 

Widerrufsfrist

Die Frist für den Widerruf beträgt 14 Tage. Der Maklervertrag wurde am 29. August geschlossen. Der Widerruf wurde am 7. Dezember erklärt. Die 14-tägige Widerrufsfrist war damit bereits abgelaufen. Allerdings setzt der Beginn der Widerrufsfrist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung voraus. Dazu gehört auch die Aushändigung dieser Belehrung an die Vertragspartner des Maklers, hier also die Verkäufer. Der Makler hat im Rechtsstreit nicht beweisen können, dass er den Verkäufern eine Kopie der Belehrung übergeben hat. Damit musste das Gericht von der verlängerten Widerrufsfrist von 1 Jahr und 14 Tagen ausgehen. Diese Frist war bei Erklärung des Widerrufs am 7. Dezember noch nicht abgelaufen.

 

Erlöschen des Widerrufsrechts

Ein wirksamer Widerruf setzt voraus, dass das Widerrufsrecht nicht erloschen ist. Das Gericht hat hier geprüft, ob § 356 Abs. 4 BGB anzuwenden ist. Er lautet:

Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert. Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss die Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden.

 

Vermittlungsleistung vollständig erbracht

Am 9. September haben die Verkäufer den Makler bevollmächtigt, einen Notar mit dem Entwurf der späteren Beurkundung eines Kaufvertrags über die Immobilie zu beauftragen. Zu diesem Zeitpunkt war die Vermittlungsleistung des Maklers vollständig erbracht.

 

Ausdrückliche Zustimmung

Die Verkäufer haben bei Abschluss des Maklervertrags in einer gesonderten Erklärung ausdrücklich zugestimmt, dass der Makler schon vor Ablauf der Widerrufsfrist tätig werden soll.

 

Bestätigung des Verlustes des Widerrufsrechts

Die Verkäufer sind in der gesonderten Erklärung auch darüber belehrt worden, dass sie ihr Widerrufsrecht verlieren, wenn der Makler den Vertrag vollständig erfüllt. Sie haben diese Belehrung bestätigt.

 

Übermittlung der Zustimmung

Die gesonderte Erklärung der Verkäufer mit ihrer Zustimmung und Bestätigung der Belehrung wurde auf Papier, also auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben. Der Makler hat diese Erklärung an sich genommen. Auch diese Voraussetzung für den Verlust des Widerrufsrechts ist also erfüllt. Es ist nicht erforderlich, dass die Verkäufer eine Kopie ihrer eigenen Erklärung vom Makler erhalten.

 

Aushändigung Widerrufsbelehrung

Das Gericht ist der Auffassung, dass das Widerrufsrecht nur erlöschen kann, wenn der Makler die Verkäufer inhaltlich richtig und vollständig über das Widerrufsrecht belehrt hat. Es argumentiert, dass der Verkäufer seine Kenntnis vom Erlöschen des Widerrufsrechts nur dann wirksam bestätigen kann, wenn ihm dieses Widerrufsrecht und die Voraussetzungen für seine Geltendmachung deutlich mitgeteilt worden sind. Das ist im Regelfall erst dann anzunehmen, wenn er die Möglichkeit hat, sich darüber anhand eines ihm zur Verfügung gestellten „dauerhaften Datenträgers“ zu vergewissern. Denn nur so hat der Verkäufer stets den Inhalt seines Widerrufsrechts „zur Hand“ und kann nachlesen, wie er es erklären muss, wenn er wiederrufen möchte. Das Rücktrittsrecht verliert er ja erst in dem Zeitpunkt, in dem der Makler seine provisionsauslösende Tätigkeit vollständig erbracht hat. Mit seiner Erklärung, auf das Erlöschen des Widerrufsrechts bei vollständiger Erfüllung durch den Makler hingewiesen worden zu sein, erklärt der Verkäufer nicht, dass er keine Informationen über sein Widerrufsrecht benötige.

(OLG Hamm, Urteil vom 12. August 2019,18 U 119/18)

 

Praxistipp:

In dem Fall, über den das Gericht zu entscheiden hatte, ging es zwar um einen Maklervertrag. Der Inhalt der Entscheidung ist jedoch auf sämtliche Verträge, für die das Widerrufsrecht des BGB gilt, anzuwenden. Nicht nur Makler, sondern alle Unternehmer, die mit Verbrauchern Fernabsatzverträge oder Verträge außerhalb ihres Geschäftsraums abschließen, müssen das Urteil unbedingt berücksichtigen.

Wesentlich ist, dass das Gericht eine weitere Voraussetzung für eine inhaltlich und vollständig vollständige Widerrufsbelehrung aufstellt, die so nicht im BGB aufgeführt ist. Es verlangt, wie oben dargestellt, dass der Unternehmer dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Papier, USB-Stick, Festplatte, E-Mail) übergibt bzw. übersendet. Nur dann läuft die 14-tägige Widerrufsfrist. Erhält der Verbraucher keine Kopie der Widerrufsbelehrung, kann er innerhalb der Frist von 1 Jahr und 14 Tagen den Vertrag widerrufen.

 

Erfolgreiche Anfechtung der Verwalterwahl ohne Vergleichsangebote

Sachverhalt:

Die T. GmbH ist Verwalterin einer WEG. Ihre Einladung zur Eigentümerversammlung enthält folgenden TOP:

Bestellung der T. GmbH zur Verwalterin der Wohnanlage für den Zeitraum …

In der Eigentümerversammlung teilt der Beirat mit, er habe zur Einsicht zwei weitere Angebote von potentiellen Verwaltern mitgebracht. Deren geforderte Vergütung liege über dem Betrag, den die bisherige Verwaltung verlange. Die Eigentümer entscheiden sich mehrheitlich für die (bisherige) T. GmbH. Einige Eigentümer fechten den Beschluss an.

 

Urteil:

Der BGH hebt den Beschluss auf, da er nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht.

Zwar wurden die erforderlichen drei Angebote eingeholt. Aber speziell die beiden alternativen Angebote wurden erst in der Eigentümerversammlung offengelegt. Damit fehlte den Eigentümern die notwendige Grundlage, um zu einer abgewogenen Entscheidung zu kommen. Die Eigentümer müssen bei einer derart wichtigen Abstimmung wie der Verwalterbestellung die Möglichkeit haben, sich mindestens zwei Wochen vor der Versammlung mit den Verwalter-Kandidaten zu beschäftigen. Daher benötigen sie deren Namen sowie die wesentlichen Eckdaten ihrer Angebote. Sie müssen die Vergütung und die Leistungen der Verwalter vergleichen können. Wenn nicht spätestens mit der Einladung zur Eigentümerversammlung die Vertragsangebote aller Kandidaten vorgelegt werden, müssen sie auf Anforderung eines Eigentümers schon vor der Versammlung an alle übermittelt werden. Wenn die Informationen und Angebote erst in der Eigentümerversammlung vorgelegt werden, fehlt die notwendige Zeit zur Prüfung und zur Einholung sonstiger Informationen über die zur Wahl stehenden Verwaltungen.

Daher verstößt der Beschluss gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung. Deshalb wurde der Anfechtungsklage stattgegeben und der Beschluss aufgehoben.

(BGH, Urteil vom 24.01.2020; V ZR 110/19)

 

Praxistipps

1.
Die vom BGH aufgestellten Grundsätze sind auch bei anderen wichtigen Beschlüssen zu berücksichtigen. So müssen die Jahresabrechnung und der Wirtschaftsplan spätestens mit der Einladung verschickt werden. Auch Beschlüsse über umfangreiche Sanierungsmaßnahmen und größere Sonderumlagen können erfolgreich angefochten werden, wenn die Grundlagen dafür und Informationen darüber nicht deutlich vor der Versammlung übersandt werden.

2.
Wenn sich nur der bisherige Verwalter zur Wahl stellt, wenn in der Eigentümerversammlung also nur über seine Wiederwahl beschlossen werden soll, sind keine weiteren Angebote einzuholen und daher auch nicht vorzulegen.

3.
Der Fall bietet auch Anlass für die Frage, ob der Beschluss, einen der Alternativkandidaten zu wählen, erfolgreich angefochten werden könnte.

In § 23 Abs. 2 WEG ist festgelegt, dass es zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich ist, dass in der Einladung zur Eigentümerversammlung benannt wird, worüber beschlossen werden soll. Damit sollen die Eigentümer die Möglichkeit haben sich sachgerecht auf die Beschlussfassung vorzubereiten. Dazu müssen sie wissen, über welche Themen tatsächlich und rechtlich besprochen und beschlossen werden sollen. Denn die Eigentümer müssen auch die Auswirkungen der vorgesehenen Beschlüsse auf die Gemeinschaft und auf sich selbst ermessen können.

Laut  der Einladung im vorliegenden Fall sollte (nur) über die Bestellung des bisherigen Verwalters abgestimmt werden. Von anderen Kandidaten war dort nicht die Rede. Man kann deshalb erhebliche Zweifel haben, ob die Eigentümer bei dieser konkreten Formulierung der Einladung damit rechnen mussten, dass weitere Angebote vorliegen und zur Abstimmung gestellt werden. Wäre also einer der anderen Kandidaten gewählt worden, hätte der Beschluss nach meiner Überzeugung durchaus erfolgreich angefochten werden können.