Sachverhalt:

In der Eigentümerversammlung einer WEG wird folgender Beschluss gefasst:

„Zu Punkt 4 („Bauliche Veränderung – Schuppenaufbau im Gemeinschaftseigentum“) wurde beschlossen: Die Eigentümer D haben im Garten auf der Gemeinschaftsfläche (kein Sondernutzungsrecht) einen Holzschuppen aufgebaut, um ihre Gegenstände unterzustellen. Die Gemeinschaft genehmigt die o. g. bauliche Veränderung der Eigentümer D.“

Der Beschluss wird angefochten.

 

Entscheidung:

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht geben der Klage statt und heben den Beschluss auf.

Sondernutzungsrecht

In seiner Begründung weist das Berufungsgericht daraufhin, dass der Beschluss dazu führt, dass den Eigentümern D auf unzulässigem Wege ein (faktisches) Sondernutzungsrecht eingeräumt wird. Ein Sondernutzungsrecht gibt einem einzelnen Eigentümer die Befugnis, bestimmte Bereiche des Gemeinschaftseigentums auf Dauer alleine zu nutzen. Er darf alle anderen Eigentümer von der Nutzung ausschließen.

Dauerhafter Ausschluss der übrigen Eigentümer

Ein Sondernutzungsrecht liegt hier bereits darin, dass die übrigen Eigentümer den Teil der gemeinschaftlichen Fläche, auf dem der Schuppen steht, nicht mehr nutzen können, sondern nur noch die Eigentümer D. Außerdem geht aus der Formulierung des Beschlusses klar hervor, dass nur sie den Schuppen nutzen dürfen, nämlich um ihr Eigentum dort unterzubringen.

Außerdem beanstandet das Gericht, dass die Nutzung nicht zeitlich begrenzt ist, also auf Dauer bestehen soll.

Faktisches Sondernutzungsrecht

Nach Auffassung des Gerichts kommt es nicht darauf an, dass im Beschluss nicht ausdrücklich davon gesprochen wird, dass ein Sondernutzungsrecht eingeräumt wird. Es reicht, dass der Beschluss in seinen tatsächlichen Auswirkungen genau darauf hinausläuft.

(Landgericht Berlin, Beschluss vom 22. Februar 2019, 85 S 15/18)

 

Praxistipp:

Dem Urteil ist zuzustimmen.

Beschlusskompetenz

Ein Sondernutzungsrecht kann nicht durch einen Beschluss, gleich mit welcher Mehrheit, begründet werden. Den Eigentümern fehlt dafür die sogenannte Beschlusskompetenz. Daher ist der gefasste Beschluss nichtig.

Ein Sondernutzungsrecht kann nur durch Abschluss einer Vereinbarung aller Eigentümer entstehen.

 

Nichtiger Beschluss ist unwirksam

Ein nichtiger Beschluss kann nicht in Bestandskraft erwachsen. Er ist von Anfang an unwirksam und damit sowohl für den Verwalter als auch alle Eigentümer unbeachtlich. Er muss also noch nicht einmal angefochten werden. Daher gilt auch die Anfechtungsfrist von einem Monat ab Beschlussfassung nicht. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses kann auch noch danach erhoben werden.