Reicht eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung aus oder sind Zumutbarkeit, Verhältnismäßigkeit, Ortsüblichkeit oder Bauschutzverordnungen zu berücksichtigen?
Jeder Grundstückseigentümer kennt die Situation, dass Äste oder Wurzeln von Bäumen oder Sträuchern auf dem Nachbargrundstück zu ihm herüberwachsen. Welche Rechte hat der Nachbar des Baumes?
Darf er die herübergewachsenen Äste nur abschneiden, wenn sie sein Grundstück beeinträchtigen? Oder reicht es aus, wenn Nadeln, Blätter, Zapfen o.ä. auf sein Grundstück rieseln? Der BGH klärt diese Frage.
Muss das Abschneiden der Wurzeln und/oder Zweige verhältnismäßig oder zumutbar sein? Und was ist, wenn Bäume nahe der Grundstücksgrenzen ortsüblich sind, also in vielen Gärten der Gegend zu finden sind? Oder wenn das Grundstück in einem Gebiet liegt, in dem viele Bäume ihre Blätter oder Nadeln fallen lassen, also überall Laub etc. liegt? Der BGH klärt auch diese Fragen.
Er verweist auch auf die Pflicht des Baum-Eigentümers, dafür zu sorgen, dass die Äste oder Wurzeln seines Baumes eben nicht in das Nachbargrundstück hinüberwachsen. Stichwort ist die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks.
Abschließend stet der BGH auch dar, welchen Einfluss Baumschutzvorschriften auf das Selbsthilferecht des beeinträchtigten Eigentümers haben. Er legt fest, dass ein Verbot in naturschutzrechtlichen Bestimmungen, Äste oder Wurzeln von Bäumen oder Sträuchern abzuschneiden, auch von dem beeinträchtigten Nachbarn beachtet werden muss. Er verliert dadurch sein Selbsthilferecht. Allerdings kann er auch eine Ausnahmegenehmigung beantragen, falls diese Möglichkeit in der Baumschutzverordnung vorgesehen ist.
(BGH, Urteil vom 14.06.2019; AZ: V ZR 102/18;
BGH, Urteil vom 11.06.2021, AZ: V ZR 234/19)