Der BGH konkretisiert die Pflichten des WEG-Verwalters bei Maßnahmen der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums.

Sachverhalt:

Ein Bauträger saniert 2006 ein Mehrfamilienhaus und verkauft die neugebildeten Eigentumswohnungen. Verwalter der WEG wurde der Geschäftsführer der Bauträgerin. Vor Ablauf der Gewährleistung beauftragt die Gemeinschaft einen Sachverständigen. Dieser stellt Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 fest und empfiehlt dringend weitere Untersuchungen zur Feststellung der Ursachen. Ungefähr ein Jahr später teilt die Bauträgerin dem Verwalter mit, die Mängel seien durch das Aufbringen eines neuen Putzes behoben worden. In der Wohnung Nr. 1 tritt weiterhin Feuchtigkeit auf. Der Eigentümer der Wohnung beauftragt selbst einen Sachverständigen. Der stellt die Unbewohnbarkeit der Wohnung fest. Daraufhin wird der Verwalter abberufen.

Der Eigentümer der Wohnung Nr. 1 verklagt den ehemaligen Verwalter auf Schadenersatz wegen der Schäden an seinem Eigentum durch die Feuchtigkeit und wegen der Kosten für eine Ersatzwohnung. Außerdem verlangt er die Erstattung der Kosten für den Sachverständigen.

 

Urteil:

Erst der BGH spricht dem Eigentümer grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter zu. Der Verwalter hat gegen seine Pflichten verstoßen.

 

Erforschung der Schadensursache

Nach dem Gutachten des ersten Sachverständigen, das der Verwalter aufgrund eines Beschlusses der Gemeinschaft noch vor Ablauf der Gewährleistungsfrist eingeholt hat, hätte der Verwalter darauf hinwirken müssen, dass die Eigentümergemeinschaft einen weiteren Beschluss fasst. Der Beschluss hätte den Verwalter anweisen müssen, die empfohlenen weiteren Untersuchungen durchführen zu lassen.

 

Unterrichtung und Aufklärung

Der BGH verweist auf § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG. Darin ist geregelt, dass der Verwalter die „für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen“ hat. Er verweist auch auf § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG. Diese Vorschriften geben den Wohnungseigentümern die vorrangige Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz für die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums. Daher darf oder muss der Verwalter bei einer Instandhaltungsmaßnahme, die weder dringlich noch eine laufende Maßnahme ist, ohne einen entsprechenden Beschluss der Eigentümer die Maßnahme nicht ergreifen. Er muss aber die Eigentümer umfassend unterrichten und aufklären. Nur dann sind sie in der Lage, einen sachgerechten Beschluss zu fassen, wie sie mit ihrem Eigentum weiter umgehen wollen.

 

Handlungsoptionen

Zu der notwendigen umfassenden Unterrichtung und Aufklärung gehört auch, dass der Verwalter verschiedene Handlungsoptionen darstellt und erläutert. Denn er muss davon ausgehen, dass die Eigentümer nicht über das notwendige technische, bauliche und rechtliche Fachwissen verfügen.

 

Gewährleistungsansprüche

In diesem Zusammenhang muss der Verwalter die Eigentümer auch darauf hinweisen, dass noch Gewährleistungsansprüche gegen ausführende Unternehmen (Bauträger, Handwerker etc.) bestehen. Er muss unbedingt auch darauf hinweisen, falls die Verjährung dieser Ansprüche droht.

Diese Pflicht trifft auch den Verwalter, der mit dem Bauträger eng verbunden war oder noch ist. Der BGH erklärt ausdrücklich, dass der Verwalter seinen Interessenkonflikt, der sich aus seiner Verbindung mit dem Bauträger ergibt, nicht einseitig zulasten der Eigentümergemeinschaft auflösen darf. Auch in diesem Fall muss er die Eigentümer „objektiv nach bestem Wissen und Gewissen“ über die Mängel und eventuelle Gewährleistungsansprüche informieren.

 

Überprüfung der Mängelbeseitigung

Der BGH sieht eine weitere gravierende Pflichtverletzung des Verwalters darin, dass er die Mitteilung des Bauträgers, die Mängel seien beseitigt, unkontrolliert entgegengenommen hat. In diesem Zusammenhang treffen ihn umfangreiche Pflichten. So muss er prüfen, ob die Angabe der Bauträgerin tatsächlich stimmte, die Mängel seien vollständig beseitigt worden. Der BGH formuliert dazu in seinem Urteil wörtlich:

Teilt der Bauträger mit, einen Mangel beseitigt zu haben, darf sich der Verwalter nicht in jedem Fall darauf beschränken, diese Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen und an die Wohnungseigentümer weiterzuleiten. Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Bauträgers nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken.

 

Aufgaben des Verwalters

Der BGH sieht den Verwalter in dem konkreten Fall verpflichtet zu kontrollieren, ob die Bauträgerin den Mangel am Gemeinschaftseigentum, wie von ihm behauptet, tatsächlich beseitigt hat. Der Verwalter durfte der Angabe der Bauträgerin, Ursache der Feuchtigkeitsschäden sei ein falscher Putz gewesen, nicht vertrauen. Er wusste, dass der Sachverständige in dem Gutachten, das er selbst vor Ablauf der Gewährleistungszeit auf Beschluss der Eigentümergemeinschaft eingeholt hat, dringend weiterführende Untersuchungen hinsichtlich der Feuchtigkeitsschäden empfohlen hatte. Der Verwalter musste daraus entnehmen, dass möglicherweise tiefergehende Ursachen für die Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 verantwortlich sind. Auch wenn die Fachfirma, die die Bauträgerin mit der Mängelbeseitigung angeblich beauftragt hatte, einen falschen Putz als Ursache der Feuchtigkeit angegeben haben sollte, durfte der Verwalter darauf nicht vertrauen. Denn ihm fehlte eine eindeutige Mitteilung der Bauträgerin, dass sie oder das von ihr beauftragte Fachunternehmen die notwendigen tiefergehenden Untersuchungen durchgeführt hatten.

In dieser Situation hätte der Verwalter die Eigentümer jedenfalls darüber informieren müssen, dass er keine Kenntnis darüber hat, ob die vom Sachverständigen als dringend angesehenen weiteren Untersuchungen zur Ursache der Feuchtigkeitseintritt durchgeführt worden sind. Der Verwalter hätte zu einer Eigentümerversammlung einladen müssen, um die notwendigen weiteren Beschlüsse zu fassen. In der Versammlung hätte er den Eigentümern unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens verschiedene Handlungsoptionen erklären müssen.

 

Kenntnis der Eigentümer

Nach der Auffassung des BGH darf der Verwalter seine Pflichten nicht vernachlässigen, weil er meint, die Eigentümer seien über den Stand der Dinge informiert und könnten und müssten deshalb selbst weitere Maßnahmen treffen. Entscheidend ist für den BGH nicht die (potentielle) Kenntnis der Wohnungseigentümer von den Tatsachen, aus denen sich die Anhaltspunkte für das Fortbestehen des Mangels ergaben. Denn es ist nicht Aufgabe der einzelnen Wohnungseigentümer, sondern Aufgabe des Verwalters zu überprüfen, ob sämtliche in einem Gutachten festgestellten Mängel durch die Bauträgerin ihre Ankündigung entsprechend beseitigt wurden. Die Wohnungseigentümer dürfen sich generell – und durften sich auch hier – darauf verlassen, dass der Verwalter diese Überprüfung vornimmt, sie auf Anhaltspunkte für ein mögliches Fortbestehen eines Mangels hinweist und die Handlungsoptionen für das weitere Vorgehen aufzeigt.

(BGH, Urteil vom 19.07.2019, V ZR 75/18)

 

Praxistipps:

Pflichten des Verwalters
Der BGH entwickelt in seinem Urteil folgerichtig die umfangreichen Pflichten des WEG-Verwalters im Rahmen einer Instandsetzungsmaßnahme des Gemeinschaftseigentums. Daraus lassen sich folgende Einzelschritte ableiten:

— Der Verwalter muss dafür sorgen, dass die Eigentümer die notwendigen Beschlüsse über Maßnahmen zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums treffen. Diese Beschlüsse muss der Verwalter anschließend umsetzen.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter deshalb die Eigentümer über Schäden oder Mängel des Gemeinschaftseigentums informieren.

— Zu den notwendigen Informationen, die der Verwalter den Eigentümern vor einer Beschlussfassung geben muss, gehören auch Hinweise auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen wie zum Beispiel die Energieeinsparverordnung.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter Erläuterungen über die zu beachtenden Regeln des WEG geben. Dazu gehören die Angaben zu den notwendigen Beschlussmehrheiten, zur Finanzierung der Maßnahme sowie zur Art und Weise der Verteilung der Kosten auf die Eigentümer (Umlageschlüssel).

— Bei klar erkennbaren Mängeln muss der Verwalter mindestens drei inhaltlich vergleichbare Angebote vorlegen.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter die regelmäßig gegebenen unterschiedlichen Handlungsoptionen darstellen.

— Der Verwalter muss die Durchführung der beschlossenen Instandhaltungsmaßnahme überwachen. Dabei muss er prüfen, ob die vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht sind. Er muss prüfen, ob die Rechnungen, die das ausführende Unternehmen stellt, gerechtfertigt sind. Dabei muss er erkennbare Mängel berücksichtigen.

— Wenn der Verwalter feststellt, dass beauftragte Arbeiten nicht erledigt sind, muss er veranlassen, dass sie vollständig erbracht werden.

 

Unwirksame AGB
In dem Rechtsstreit berief sich der Verwalter auch auf die Klausel in seinem Vertrag mit der Eigentümergemeinschaft, nach der Schadensersatzansprüche der Eigentümer gegen ihn nur innerhalb von zwei Jahren ab Entstehung der Ansprüche geltend gemacht werden könnten. Diese Frist sei schon vor Erhebung der Klage abgelaufen. Nach Auffassung des BGH ist diese Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Sie führe nämlich dazu, dass die Haftung das Verwalters auch für Verletzungen des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder für grob fahrlässig begangene Pflichtverletzungen erleichtert wird. Derartige Haftungserleichterungen sind gemäß §§ 309 Nr. 7 a und b, 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.