Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums: Pflichten des WEG-Verwalters

Der BGH konkretisiert die Pflichten des WEG-Verwalters bei Maßnahmen der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums.

Sachverhalt:

Ein Bauträger saniert 2006 ein Mehrfamilienhaus und verkauft die neugebildeten Eigentumswohnungen. Verwalter der WEG wurde der Geschäftsführer der Bauträgerin. Vor Ablauf der Gewährleistung beauftragt die Gemeinschaft einen Sachverständigen. Dieser stellt Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 fest und empfiehlt dringend weitere Untersuchungen zur Feststellung der Ursachen. Ungefähr ein Jahr später teilt die Bauträgerin dem Verwalter mit, die Mängel seien durch das Aufbringen eines neuen Putzes behoben worden. In der Wohnung Nr. 1 tritt weiterhin Feuchtigkeit auf. Der Eigentümer der Wohnung beauftragt selbst einen Sachverständigen. Der stellt die Unbewohnbarkeit der Wohnung fest. Daraufhin wird der Verwalter abberufen.

Der Eigentümer der Wohnung Nr. 1 verklagt den ehemaligen Verwalter auf Schadenersatz wegen der Schäden an seinem Eigentum durch die Feuchtigkeit und wegen der Kosten für eine Ersatzwohnung. Außerdem verlangt er die Erstattung der Kosten für den Sachverständigen.

 

Urteil:

Erst der BGH spricht dem Eigentümer grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter zu. Der Verwalter hat gegen seine Pflichten verstoßen.

 

Erforschung der Schadensursache

Nach dem Gutachten des ersten Sachverständigen, das der Verwalter aufgrund eines Beschlusses der Gemeinschaft noch vor Ablauf der Gewährleistungsfrist eingeholt hat, hätte der Verwalter darauf hinwirken müssen, dass die Eigentümergemeinschaft einen weiteren Beschluss fasst. Der Beschluss hätte den Verwalter anweisen müssen, die empfohlenen weiteren Untersuchungen durchführen zu lassen.

 

Unterrichtung und Aufklärung

Der BGH verweist auf § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG. Darin ist geregelt, dass der Verwalter die „für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen“ hat. Er verweist auch auf § 21 Abs. 1 und 5 Nr. 2 WEG. Diese Vorschriften geben den Wohnungseigentümern die vorrangige Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz für die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums. Daher darf oder muss der Verwalter bei einer Instandhaltungsmaßnahme, die weder dringlich noch eine laufende Maßnahme ist, ohne einen entsprechenden Beschluss der Eigentümer die Maßnahme nicht ergreifen. Er muss aber die Eigentümer umfassend unterrichten und aufklären. Nur dann sind sie in der Lage, einen sachgerechten Beschluss zu fassen, wie sie mit ihrem Eigentum weiter umgehen wollen.

 

Handlungsoptionen

Zu der notwendigen umfassenden Unterrichtung und Aufklärung gehört auch, dass der Verwalter verschiedene Handlungsoptionen darstellt und erläutert. Denn er muss davon ausgehen, dass die Eigentümer nicht über das notwendige technische, bauliche und rechtliche Fachwissen verfügen.

 

Gewährleistungsansprüche

In diesem Zusammenhang muss der Verwalter die Eigentümer auch darauf hinweisen, dass noch Gewährleistungsansprüche gegen ausführende Unternehmen (Bauträger, Handwerker etc.) bestehen. Er muss unbedingt auch darauf hinweisen, falls die Verjährung dieser Ansprüche droht.

Diese Pflicht trifft auch den Verwalter, der mit dem Bauträger eng verbunden war oder noch ist. Der BGH erklärt ausdrücklich, dass der Verwalter seinen Interessenkonflikt, der sich aus seiner Verbindung mit dem Bauträger ergibt, nicht einseitig zulasten der Eigentümergemeinschaft auflösen darf. Auch in diesem Fall muss er die Eigentümer „objektiv nach bestem Wissen und Gewissen“ über die Mängel und eventuelle Gewährleistungsansprüche informieren.

 

Überprüfung der Mängelbeseitigung

Der BGH sieht eine weitere gravierende Pflichtverletzung des Verwalters darin, dass er die Mitteilung des Bauträgers, die Mängel seien beseitigt, unkontrolliert entgegengenommen hat. In diesem Zusammenhang treffen ihn umfangreiche Pflichten. So muss er prüfen, ob die Angabe der Bauträgerin tatsächlich stimmte, die Mängel seien vollständig beseitigt worden. Der BGH formuliert dazu in seinem Urteil wörtlich:

Teilt der Bauträger mit, einen Mangel beseitigt zu haben, darf sich der Verwalter nicht in jedem Fall darauf beschränken, diese Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen und an die Wohnungseigentümer weiterzuleiten. Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Bauträgers nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken.

 

Aufgaben des Verwalters

Der BGH sieht den Verwalter in dem konkreten Fall verpflichtet zu kontrollieren, ob die Bauträgerin den Mangel am Gemeinschaftseigentum, wie von ihm behauptet, tatsächlich beseitigt hat. Der Verwalter durfte der Angabe der Bauträgerin, Ursache der Feuchtigkeitsschäden sei ein falscher Putz gewesen, nicht vertrauen. Er wusste, dass der Sachverständige in dem Gutachten, das er selbst vor Ablauf der Gewährleistungszeit auf Beschluss der Eigentümergemeinschaft eingeholt hat, dringend weiterführende Untersuchungen hinsichtlich der Feuchtigkeitsschäden empfohlen hatte. Der Verwalter musste daraus entnehmen, dass möglicherweise tiefergehende Ursachen für die Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 verantwortlich sind. Auch wenn die Fachfirma, die die Bauträgerin mit der Mängelbeseitigung angeblich beauftragt hatte, einen falschen Putz als Ursache der Feuchtigkeit angegeben haben sollte, durfte der Verwalter darauf nicht vertrauen. Denn ihm fehlte eine eindeutige Mitteilung der Bauträgerin, dass sie oder das von ihr beauftragte Fachunternehmen die notwendigen tiefergehenden Untersuchungen durchgeführt hatten.

In dieser Situation hätte der Verwalter die Eigentümer jedenfalls darüber informieren müssen, dass er keine Kenntnis darüber hat, ob die vom Sachverständigen als dringend angesehenen weiteren Untersuchungen zur Ursache der Feuchtigkeitseintritt durchgeführt worden sind. Der Verwalter hätte zu einer Eigentümerversammlung einladen müssen, um die notwendigen weiteren Beschlüsse zu fassen. In der Versammlung hätte er den Eigentümern unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens verschiedene Handlungsoptionen erklären müssen.

 

Kenntnis der Eigentümer

Nach der Auffassung des BGH darf der Verwalter seine Pflichten nicht vernachlässigen, weil er meint, die Eigentümer seien über den Stand der Dinge informiert und könnten und müssten deshalb selbst weitere Maßnahmen treffen. Entscheidend ist für den BGH nicht die (potentielle) Kenntnis der Wohnungseigentümer von den Tatsachen, aus denen sich die Anhaltspunkte für das Fortbestehen des Mangels ergaben. Denn es ist nicht Aufgabe der einzelnen Wohnungseigentümer, sondern Aufgabe des Verwalters zu überprüfen, ob sämtliche in einem Gutachten festgestellten Mängel durch die Bauträgerin ihre Ankündigung entsprechend beseitigt wurden. Die Wohnungseigentümer dürfen sich generell – und durften sich auch hier – darauf verlassen, dass der Verwalter diese Überprüfung vornimmt, sie auf Anhaltspunkte für ein mögliches Fortbestehen eines Mangels hinweist und die Handlungsoptionen für das weitere Vorgehen aufzeigt.

(BGH, Urteil vom 19.07.2019, V ZR 75/18)

 

Praxistipps:

Pflichten des Verwalters
Der BGH entwickelt in seinem Urteil folgerichtig die umfangreichen Pflichten des WEG-Verwalters im Rahmen einer Instandsetzungsmaßnahme des Gemeinschaftseigentums. Daraus lassen sich folgende Einzelschritte ableiten:

— Der Verwalter muss dafür sorgen, dass die Eigentümer die notwendigen Beschlüsse über Maßnahmen zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums treffen. Diese Beschlüsse muss der Verwalter anschließend umsetzen.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter deshalb die Eigentümer über Schäden oder Mängel des Gemeinschaftseigentums informieren.

— Zu den notwendigen Informationen, die der Verwalter den Eigentümern vor einer Beschlussfassung geben muss, gehören auch Hinweise auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen wie zum Beispiel die Energieeinsparverordnung.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter Erläuterungen über die zu beachtenden Regeln des WEG geben. Dazu gehören die Angaben zu den notwendigen Beschlussmehrheiten, zur Finanzierung der Maßnahme sowie zur Art und Weise der Verteilung der Kosten auf die Eigentümer (Umlageschlüssel).

— Bei klar erkennbaren Mängeln muss der Verwalter mindestens drei inhaltlich vergleichbare Angebote vorlegen.

— Vor der Beschlussfassung muss der Verwalter die regelmäßig gegebenen unterschiedlichen Handlungsoptionen darstellen.

— Der Verwalter muss die Durchführung der beschlossenen Instandhaltungsmaßnahme überwachen. Dabei muss er prüfen, ob die vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht sind. Er muss prüfen, ob die Rechnungen, die das ausführende Unternehmen stellt, gerechtfertigt sind. Dabei muss er erkennbare Mängel berücksichtigen.

— Wenn der Verwalter feststellt, dass beauftragte Arbeiten nicht erledigt sind, muss er veranlassen, dass sie vollständig erbracht werden.

 

Unwirksame AGB
In dem Rechtsstreit berief sich der Verwalter auch auf die Klausel in seinem Vertrag mit der Eigentümergemeinschaft, nach der Schadensersatzansprüche der Eigentümer gegen ihn nur innerhalb von zwei Jahren ab Entstehung der Ansprüche geltend gemacht werden könnten. Diese Frist sei schon vor Erhebung der Klage abgelaufen. Nach Auffassung des BGH ist diese Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Sie führe nämlich dazu, dass die Haftung das Verwalters auch für Verletzungen des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder für grob fahrlässig begangene Pflichtverletzungen erleichtert wird. Derartige Haftungserleichterungen sind gemäß §§ 309 Nr. 7 a und b, 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Makler: Wirksamkeit einer Reservierung

Es ist durchaus üblich, dass ein Makler eine Immobilie für einen Kunden reservieren soll. Dabei sind jedoch entscheidende Grundsätze zu beachten.

Sachverhalt:

Der Bauträger legt dem Interessenten eine Reservierungsvereinbarung vor, in der es heißt:

Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber die oben bezeichnete Immobilie bis zum 14.12.2017 reservieren, d.h. er wird in diesem Zeitraum keinen diesbezüglichen Vertrag mit einem Dritten schließen. Sollten bis dahin die erforderlichen Unterlagen gem. § 4 dieses Vertrags sowie der Kaufvertragsentwurf noch nicht vollständig vorliegen, verlängert sich die Frist entsprechend.

Dafür ist eine Reservierungsgebühr von 3.000 EUR vorgesehen. Der Interessent unterzeichnet die Vereinbarung und bezahlt die Gebühr. Nachdem der Bauträger dem potentiellen Erwerber eine Planung mit Kostenaufstellung für den Neubau übergeben hat, kommt es zu Unstimmigkeiten. Der Kunde erklärt, kein Interesse mehr an dem Vertrag mit dem Bauträger zu haben und fordert die 3.000 EUR Reservierungsgebühr zurück.

 

Urteil:

Das Gericht gibt der Klage statt. Der Bauträger muss die Reservierungsgebühr zurückzahlen.

Beurkundung der Reservierungsvereinbarung
Das Gericht ist nämlich der Auffassung, dass die Reservierungsvereinbarung unwirksam ist. Sie hätte notariell beurkundet werden müssen. Nach der allgemeinen Rechtsprechung reicht eine schriftliche Vereinbarung nicht aus, wenn die Reservierungsgebühr so hoch ist, dass damit ein erheblicher Druck auf den Erwerber des Grundstücks ausgeübt wird, den Kaufvertrag abzuschließen. Da der Erwerber die Reservierungsgebühr verliert, wenn er das Grundstück nicht kauft, könnte er sich (auch) deshalb entscheiden, das Grundstück zu kaufen. Die Reservierungsgebühr liegt hier bei ca. 1,1 % des Preises für das Grundstück einschließlich Haus. Das Gericht hält diese Höhe für ausreichend, um den Erwerber unter Druck zu setzen, das Grundstück zu kaufen, um nicht die Reservierungsgebühr zu verlieren.

Verlängerung der Reservierungsfrist
Die Reservierungsvereinbarung ist auch noch aus einem anderen Grund unwirksam. Sie enthält keine Regelung darüber, dass die Reservierungsfrist verlängert wird, wenn Verzögerungen beim Abschluss des Bauträgervertrags auf Umstände zurückzuführen sind, die im Einflussbereich des Bauträgers liegen. Das bedeutet, dass der Bauträger notwendige Informationen, die der Erwerber für seine Entscheidung, den Vertrag abzuschließen benötigt, schlichtweg verzögert. Das würde den Erwerber in Zugzwang bringen. Er müsste ohne diese Informationen den Vertrag abschließen. Sonst würde er riskieren, dass die Reservierungsfrist abläuft und möglicherweise ein anderer Kunde des Bauträgers den Vertrag abschließt. Damit wird der potentielle Erwerber unangemessen benachteiligt. Diese Benachteiligung führt zur Unwirksamkeit der Klausel.

(AG Dortmund, Urteil vom 21. August 2018, 425 C 3166/18)

 

Praxistipp:

Die Entscheidung betrifft zwar einen Bauträger-Vertrag. Sie ist jedoch ohne weiteres auch auf Vereinbarungen über Reservierungsgebühren anzuwenden, die ein Makler mit seinen Kunden abschließt.

Notarielle Beurkundung
Die Reservierungsvereinbarung sollte unbedingt so formuliert sein, dass der Kunde dadurch nicht unangemessen unter Druck gesetzt wird, das Grundstück zu erwerben. In diesem Fall wäre die Vereinbarung notariell zu beurkunden.

Verlängerung der Reservierungsfrist
Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Reservierungsfrist sich auch dann verlängert, wenn Verzögerungen auftreten, die im Einflussbereich des Bauträgers/Maklers liegen.

Außerdem sollte die Verlängerung der Reservierungsfrist nicht nur bei Überschreiten der Frist, sondern schon bei Verzögerungen während der Frist vereinbart werden.

Ab welchem Betrag ist Beurkundung erforderlich?
Für die Beurteilung, ob durch die Reservierungsgebühr unzulässiger Druck auf den Erwerber ausgeübt wird, sind eine absolute und eine prozentuale Obergrenze zu berücksichtigen. Die absolute Obergrenze liegt nach der aktuellen Rechtsprechung bei ca. 5.000,00 EUR. Bei der prozentualen Obergrenze sind sich die Gerichte und Kommentatoren überhaupt nicht einig. Manche sehen alle Beträge ab 0,3 % des Kaufpreises als zu hoch für eine bloße schriftliche Vereinbarung an, andere bewerten Reservierungsgebühren bis 3,0 % noch als unproblematisch.

Sicherste Wege
Die sichersten Varianten sind also, Reservierungsvereinbarungen mit einer Gebühr über 5.000 EUR oder über 0,3 % des Kaufpreises notariell beurkundet werden.

Oder der Makler/Bauträger muss niedrigere Reservierungsgebühren vereinbaren.

Widerrufsbelehrung bei einem (Makler)-Vertrag

Widerrufsbelehrung

Zwei Tage später trafen sie sich mit dem Makler, den sie schon vorher angesprochen hatten, in ihrem Haus. Sie unterschrieben einen vom Makler vorgelegten Alleinauftrag. Außerdem unterzeichneten sie eine Widerrufsbelehrung. Die Belehrung enthielt auch die zusätzlichen Erklärungen der Eigentümer, dass sie den Makler beauftragen, seine Dienstleistung schon vor Ablauf der Widerrufsfrist zu beginnen, und dass ihnen bekannt ist, dass sie das Widerrufsrecht verlieren, wenn die Maklerleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist vollständig erbracht wird.

 

Aushändigung von Kopien

Es ist nicht geklärt, ob und wann die Eigentümer vom Makler Kopien des Vertrags und der Widerrufserklärung nebst den weiteren Erklärungen erhalten haben.

 

Widerruf wirksam?

Nach dem Verkauf der Immobilie stellte der Makler den Verkäufern seine Courtagerechnung. Daraufhin widerriefen die Verkäufer den Maklervertrag. Sie verweigerten deshalb die Zahlung. Der Makler verklagte die Verkäufer. Vor Gericht behaupteten sie, erst durch einen Schriftsatz des Maklers in dem Rechtsstreit Kopien des Maklervertrags und der Widerrufsbelehrung erhalten zu haben. Deshalb sei der Widerruf wirksam, auch wenn er später als 14 Tage nach Abschluss des Maklervertrags erfolgt sei.

 

Urteil:

Das Gericht kommt nach ausführlicher Prüfung zahlreicher rechtlicher Aspekte zu dem Ergebnis, dass der Makler keine Courtage von den Verkäufern verlangen kann.

 

Maklervertrag

Ein Maklervertrag ist wirksam abgeschlossen worden. Die Regelung im Maklervertrag, dass die Verkäufer eine pauschale Entschädigung zu zahlen hätten, wenn sie ohne Mitwirkung des Maklers die Immobilie verkauften, sei zwar unwirksam. Die übrigen Teile des Vertrags wären davon aber nicht betroffen, sondern blieben wirksam.

 

Nachweistätigkeit

Eine Nachweistätigkeit hat der Makler nicht erbracht. Die Eigentümer haben den späteren Erwerber vor Abschluss des Maklervertrags, also ohne Mitwirkung des Maklers, selbst gefunden.

 

Vermittlungstätigkeit

Der Makler hat eine ausreichende Vermittlungstätigkeit ausgeführt. Die Verkäufer haben die Vertragsverhandlungen mit dem späteren Erwerber ausschließlich dem Makler überlassen. Der Makler hat sogar erreicht, dass sie einen höheren Kaufpreis zahlen, als die Verkäufer in ihrer eigenen Annonce, auf die sich der Erwerber gemeldet hatte, angegeben hatten. Der Makler hat also auf den Erwerber eingewirkt und seine Bereitschaft geweckt oder zumindest gefördert, die Immobilie zu kaufen.

 

Verwirkung des Provisionsanspruchs

Die Verwendung unzulässiger Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Maklervertrags (pauschale Entschädigung für Verkauf an selbst akquirierte Interessenten) führt grundsätzlich nicht dazu, dass der Makler den Provisionsanspruch verwirkt.

 

Widerrufsfrist

Die Frist für den Widerruf beträgt 14 Tage. Der Maklervertrag wurde am 29. August geschlossen. Der Widerruf wurde am 7. Dezember erklärt. Die 14-tägige Widerrufsfrist war damit bereits abgelaufen. Allerdings setzt der Beginn der Widerrufsfrist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung voraus. Dazu gehört auch die Aushändigung dieser Belehrung an die Vertragspartner des Maklers, hier also die Verkäufer. Der Makler hat im Rechtsstreit nicht beweisen können, dass er den Verkäufern eine Kopie der Belehrung übergeben hat. Damit musste das Gericht von der verlängerten Widerrufsfrist von 1 Jahr und 14 Tagen ausgehen. Diese Frist war bei Erklärung des Widerrufs am 7. Dezember noch nicht abgelaufen.

 

Erlöschen des Widerrufsrechts

Ein wirksamer Widerruf setzt voraus, dass das Widerrufsrecht nicht erloschen ist. Das Gericht hat hier geprüft, ob § 356 Abs. 4 BGB anzuwenden ist. Er lautet:

Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert. Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss die Zustimmung des Verbrauchers auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden.

 

Vermittlungsleistung vollständig erbracht

Am 9. September haben die Verkäufer den Makler bevollmächtigt, einen Notar mit dem Entwurf der späteren Beurkundung eines Kaufvertrags über die Immobilie zu beauftragen. Zu diesem Zeitpunkt war die Vermittlungsleistung des Maklers vollständig erbracht.

 

Ausdrückliche Zustimmung

Die Verkäufer haben bei Abschluss des Maklervertrags in einer gesonderten Erklärung ausdrücklich zugestimmt, dass der Makler schon vor Ablauf der Widerrufsfrist tätig werden soll.

 

Bestätigung des Verlustes des Widerrufsrechts

Die Verkäufer sind in der gesonderten Erklärung auch darüber belehrt worden, dass sie ihr Widerrufsrecht verlieren, wenn der Makler den Vertrag vollständig erfüllt. Sie haben diese Belehrung bestätigt.

 

Übermittlung der Zustimmung

Die gesonderte Erklärung der Verkäufer mit ihrer Zustimmung und Bestätigung der Belehrung wurde auf Papier, also auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben. Der Makler hat diese Erklärung an sich genommen. Auch diese Voraussetzung für den Verlust des Widerrufsrechts ist also erfüllt. Es ist nicht erforderlich, dass die Verkäufer eine Kopie ihrer eigenen Erklärung vom Makler erhalten.

 

Aushändigung Widerrufsbelehrung

Das Gericht ist der Auffassung, dass das Widerrufsrecht nur erlöschen kann, wenn der Makler die Verkäufer inhaltlich richtig und vollständig über das Widerrufsrecht belehrt hat. Es argumentiert, dass der Verkäufer seine Kenntnis vom Erlöschen des Widerrufsrechts nur dann wirksam bestätigen kann, wenn ihm dieses Widerrufsrecht und die Voraussetzungen für seine Geltendmachung deutlich mitgeteilt worden sind. Das ist im Regelfall erst dann anzunehmen, wenn er die Möglichkeit hat, sich darüber anhand eines ihm zur Verfügung gestellten „dauerhaften Datenträgers“ zu vergewissern. Denn nur so hat der Verkäufer stets den Inhalt seines Widerrufsrechts „zur Hand“ und kann nachlesen, wie er es erklären muss, wenn er wiederrufen möchte. Das Rücktrittsrecht verliert er ja erst in dem Zeitpunkt, in dem der Makler seine provisionsauslösende Tätigkeit vollständig erbracht hat. Mit seiner Erklärung, auf das Erlöschen des Widerrufsrechts bei vollständiger Erfüllung durch den Makler hingewiesen worden zu sein, erklärt der Verkäufer nicht, dass er keine Informationen über sein Widerrufsrecht benötige.

(OLG Hamm, Urteil vom 12. August 2019,18 U 119/18)

 

Praxistipp:

In dem Fall, über den das Gericht zu entscheiden hatte, ging es zwar um einen Maklervertrag. Der Inhalt der Entscheidung ist jedoch auf sämtliche Verträge, für die das Widerrufsrecht des BGB gilt, anzuwenden. Nicht nur Makler, sondern alle Unternehmer, die mit Verbrauchern Fernabsatzverträge oder Verträge außerhalb ihres Geschäftsraums abschließen, müssen das Urteil unbedingt berücksichtigen.

Wesentlich ist, dass das Gericht eine weitere Voraussetzung für eine inhaltlich und vollständig vollständige Widerrufsbelehrung aufstellt, die so nicht im BGB aufgeführt ist. Es verlangt, wie oben dargestellt, dass der Unternehmer dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Papier, USB-Stick, Festplatte, E-Mail) übergibt bzw. übersendet. Nur dann läuft die 14-tägige Widerrufsfrist. Erhält der Verbraucher keine Kopie der Widerrufsbelehrung, kann er innerhalb der Frist von 1 Jahr und 14 Tagen den Vertrag widerrufen.

 

Erfolgreiche Anfechtung der Verwalterwahl ohne Vergleichsangebote

Sachverhalt:

Die T. GmbH ist Verwalterin einer WEG. Ihre Einladung zur Eigentümerversammlung enthält folgenden TOP:

Bestellung der T. GmbH zur Verwalterin der Wohnanlage für den Zeitraum …

In der Eigentümerversammlung teilt der Beirat mit, er habe zur Einsicht zwei weitere Angebote von potentiellen Verwaltern mitgebracht. Deren geforderte Vergütung liege über dem Betrag, den die bisherige Verwaltung verlange. Die Eigentümer entscheiden sich mehrheitlich für die (bisherige) T. GmbH. Einige Eigentümer fechten den Beschluss an.

 

Urteil:

Der BGH hebt den Beschluss auf, da er nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht.

Zwar wurden die erforderlichen drei Angebote eingeholt. Aber speziell die beiden alternativen Angebote wurden erst in der Eigentümerversammlung offengelegt. Damit fehlte den Eigentümern die notwendige Grundlage, um zu einer abgewogenen Entscheidung zu kommen. Die Eigentümer müssen bei einer derart wichtigen Abstimmung wie der Verwalterbestellung die Möglichkeit haben, sich mindestens zwei Wochen vor der Versammlung mit den Verwalter-Kandidaten zu beschäftigen. Daher benötigen sie deren Namen sowie die wesentlichen Eckdaten ihrer Angebote. Sie müssen die Vergütung und die Leistungen der Verwalter vergleichen können. Wenn nicht spätestens mit der Einladung zur Eigentümerversammlung die Vertragsangebote aller Kandidaten vorgelegt werden, müssen sie auf Anforderung eines Eigentümers schon vor der Versammlung an alle übermittelt werden. Wenn die Informationen und Angebote erst in der Eigentümerversammlung vorgelegt werden, fehlt die notwendige Zeit zur Prüfung und zur Einholung sonstiger Informationen über die zur Wahl stehenden Verwaltungen.

Daher verstößt der Beschluss gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung. Deshalb wurde der Anfechtungsklage stattgegeben und der Beschluss aufgehoben.

(BGH, Urteil vom 24.01.2020; V ZR 110/19)

 

Praxistipps

1.
Die vom BGH aufgestellten Grundsätze sind auch bei anderen wichtigen Beschlüssen zu berücksichtigen. So müssen die Jahresabrechnung und der Wirtschaftsplan spätestens mit der Einladung verschickt werden. Auch Beschlüsse über umfangreiche Sanierungsmaßnahmen und größere Sonderumlagen können erfolgreich angefochten werden, wenn die Grundlagen dafür und Informationen darüber nicht deutlich vor der Versammlung übersandt werden.

2.
Wenn sich nur der bisherige Verwalter zur Wahl stellt, wenn in der Eigentümerversammlung also nur über seine Wiederwahl beschlossen werden soll, sind keine weiteren Angebote einzuholen und daher auch nicht vorzulegen.

3.
Der Fall bietet auch Anlass für die Frage, ob der Beschluss, einen der Alternativkandidaten zu wählen, erfolgreich angefochten werden könnte.

In § 23 Abs. 2 WEG ist festgelegt, dass es zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich ist, dass in der Einladung zur Eigentümerversammlung benannt wird, worüber beschlossen werden soll. Damit sollen die Eigentümer die Möglichkeit haben sich sachgerecht auf die Beschlussfassung vorzubereiten. Dazu müssen sie wissen, über welche Themen tatsächlich und rechtlich besprochen und beschlossen werden sollen. Denn die Eigentümer müssen auch die Auswirkungen der vorgesehenen Beschlüsse auf die Gemeinschaft und auf sich selbst ermessen können.

Laut  der Einladung im vorliegenden Fall sollte (nur) über die Bestellung des bisherigen Verwalters abgestimmt werden. Von anderen Kandidaten war dort nicht die Rede. Man kann deshalb erhebliche Zweifel haben, ob die Eigentümer bei dieser konkreten Formulierung der Einladung damit rechnen mussten, dass weitere Angebote vorliegen und zur Abstimmung gestellt werden. Wäre also einer der anderen Kandidaten gewählt worden, hätte der Beschluss nach meiner Überzeugung durchaus erfolgreich angefochten werden können.

 

Immobilienkauf: Arglistiges Verschweigen bei Unkenntnis des Mangels?

Sachverhalt:

Der Inhaber eines Bauunternehmens, selbst Maurermeister, verkauft sein Wohnhaus, das er selbst errichtet hat. Einen auffälligen Wasserfleck an der Garage erklärt er den Kaufinteressenten damit, dass sich dort eine Bitumenbahn des Garagendachs manchmal löse. Wenn sie wieder befestigt sei, würde der Fleck wieder verschwinden. Geraume Zeit nach Abschluss des Kaufvertrags lassen die Käufer das Dach untersuchen.

Konstruktion mangelhaft

Der Sachverständige stellt fest, dass die Konstruktion nicht den damaligen DIN-Vorschriften und den anerkannten Regeln der Technik entsprach. Das verwendete Material führt dazu, dass die Abdichtung nicht funktioniert.

Ausschluss der Gewährleistung

Gegenüber dem Verlangen der Käufer auf Zahlung der Sanierungskosten verteidigt sich der Verkäufer mit dem Hinweis auf den Ausschluss der Gewährleistung im notariellen Kaufvertrag. Die Käufer sind demgegenüber der Ansicht, sie seien arglistig getäuscht worden durch die Angabe des Verkäufers, die Abdichtung entspreche den Fachregeln.

 

Urteil:

Keine arglistige Täuschung

Der BGH widerspricht der Auffassung des Berufungsgerichts und sieht in dem Verhalten des Verkäufers keine Arglist. Ein Verkäufer handelt nicht arglistig, wenn er gutgläubig falsche Angaben macht. Auch wenn er es besser hätte wissen müssen, wenn ihm also Fahrlässigkeit hinsichtlich der falschen Angaben vorgeworfen werden könnte, ist nicht grundsätzlich Arglist anzunehmen. Hier hat der Verkäufer eindeutig angenommen, dass die von ihm hergestellte Abdichtung den anerkannten Regeln der Technik entsprach und grundsätzlich auch funktioniert. Damit entfällt die Arglist.

„Ins Blaue hinein“
Dem Verkäufer ist auch nicht vorzuwerfen, seine (falschen) Auskünfte „ins Blaue hinein“ gegeben zu haben. Auch ein solches Verhalten wäre arglistig. Die Angaben des Verkäufers basierten auf seiner Kenntnis, wie die Arbeiten ausgeführt worden sind. Sie hatten also eine tatsächliche Grundlage. Nur wenn solche tatsächlichen Grundlagen fehlen, der Verkäufer aber trotzdem Auskünfte erteilt, werden sie „ins Blaue hinein“ gegeben und begründen damit den Vorwurf der Arglist.

(BGH, Urteil vom 14.06.2019, V ZR 73/18)